Gott der Beziehungen 1. Lesung: Spr 8,22-31 |2. Lesung: Röm 5,1-5|Evangelium: Joh 16,12-15
Wir feiern heute den Dreifaltigen Gott. Manche mögen mit dem Festgeheimnis Mühe haben, etwa gar es zu beschreiben. Wir wissen zugleich, dass das Gottesbild zutiefst das Leben der Menschen – im Besonderen das Zusammenleben – prägt. Es gibt Bilder von Gott, die verhindern Leben oder bewirken sogar, dass im Namen Gottes getötet wird. Bilder, die solchem dienen, nennt die Bibel Götzen, beziehungsweise Götzendienst. Die Bilder des „Lebendigen“ ermöglichen, beziehungsweise fördern das Leben.
Die Bibel zeichnet und beschreibt die lebensdienlichen Bilder von Gott. Sie bietet Kriterien der Unterscheidung. Wir feiern Gott, den Dreifaltigen. Er genügt sich nicht selber. Es zählt zu seinem innersten Wesen: gelebte Gemeinschaft, das Nehmen und Geben, das Lieben und Vertrauen, das Werden am Du, das Leben in Beziehung.
In seiner letzten Rede – nach dem Abendmahl – macht es Jesus nochmals zum Thema, praktisch als sein Testament. Wir haben es im Evangelium gehört: Der Geist der Wahrheit wird nicht aus sich selbst reden, sondern er wird reden, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird. Er, der Geist – so sagt Jesus – wird mich verherrlichen; denn er nimmt von dem, was mein ist, und wird es euch verkünden. Alles, was der Vater hat, ist mein. In diesen Worten klingt an, dass der Tod, der Jesus bevorsteht, dieses Nehmen und Geben nicht unterbrechen wird. Das Geben und Nehmen wird weitergehen und bestehen bleiben. Es bleibt die Beziehung.
Nochmals: Die Bilder von Gott prägen die Wirklichkeit unseres Lebens. Sie prägen den Alltag. Dazu einige Beispiele:
Unter anderem auch die Geschlechterfrage. Im Deutschen sprechen wir von Gott-Vater, Sohn und Heiliger Geist. Alle drei Personen sind bei uns männlich. Wenn wir den hebräischen Ursprung bedenken, ist das Weibliche im Gottesbild enthalten. Im Hebräischen ist „Ruach“ – Geist – weiblich. Es ist die Ruach, die am Beginn über dem „Tohuwabohu“, dem Chaos schwebt.
Es entspricht nicht dem biblischen Bild von Gott, ihn nur männlich zu denken. Auch die Weisheit als Erscheinungsform Gottes ist weiblich. Und beim Propheten Jesaja finden wir als Bild für Gott die „stillende Mutter“ (Jes 66,7-17). Es ließen sich noch mehrere Beispiele aufzählen, in der die Mütterlichkeit Gottes gezeichnet wird.
Die Bibel schildert Gott männlich und weiblich. Es dient dem Leben und dem Heil einer jeden Organisation, wenn sich in ihr Gott abbildet, auch das Weibliche und Männliche.
Gott ist ein Gott der Beziehungen. Er offenbart sich in und durch Beziehungen. Sein erstes Wort, dass Gott in der Bibel spricht lautet: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt“ (Gen 2,18). Gott lässt sich dann viel einfallen, um gegen das Alleinsein des Menschen vorzugehen. Er bringt Pflanzen und Tiere hervor, ehe er ihm schließlich ein Wesen zur Seite stellt, das ihm ebenbürtig ist.
Gerade in der Zeit der Pandemie mit den Lockdowns haben wir erfahren, wie wichtig Kontakte, Begegnung und Beziehungen sind. Sie sind elementar für gelingendes Leben, für die Gesundheit, für die Zufriedenheit, letztlich für geglücktes und erfülltes Leben.
Wir feiern den Dreifaltigen Gott, den Gott der Beziehungen, weil wir glauben dürfen, er lässt uns an seinen Beziehungen teilhaben. Wir sind in sein Geben und Nehmen hineingenommen. Er wird letztlich unsere Beziehungen heilen, die durch Verletzungen, Eifersucht oder Hass gestört oder gar zerbrochen sind.
Christliche Feiern haben ein besonderes Merkmal. Feiern im Namen des Dreifaltigen vermeiden den Ausschluss. Es sind Feiern, die über unsere menschlichen Grenzen hinausgehen. So ist die Taufe immer mehr als nur eine Familienfeier. Auch der Abschied von einem Menschen ist mehr als die Feier der Trauerfamilie. Es ist ein Akt der Nächstenliebe, Menschen an der Trauer teilnehmen zu lassen und die Trauer miteinander zu teilen.
Es macht das innerste Wesen Gottes aus, das gegenseitige Teilhaben-lassen. Was mein ist, ist auch dein. Er wird nehmen und geben. Es ist zugleich Bild für gelingendes Leben. Es ist aber auch Bild für eine lebensförderliche Gesellschaft. Mir fällt dazu die gegenwärtige Debatte zur Gewährung der Staatsbürgerschaft ein. 30% der Einwohner Wiens haben keine österreichische Staatbürgerschaft. Sie dürfen nicht wählen. Viele sind darunter, die bereits in Österreich geboren sind. Manchen wird die Staatsbürgerschaft verweigert, weil sie zu wenig verdienen. Eine in diesem Ausmaß verweigerte Teilhabe, wird der Gesellschaft wenig dienlich sein.
Wir feiern den Dreifaltigen Gott. Er sucht uns in den Beziehungen und lässt in den Beziehungen finden. Und: Es ist die große Hoffnung aufgerichtet, dass die Beziehungen einmal in seinem „Schalom“ (Frieden) geheilt sein werden, wie es die Jüngerinnen und Jünger am Osterabend erlebten (Joh 20,19-22).
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch der Sprichwörter anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Brief des Apostel Paulus an die Gemeinde in Rom anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Johannes anhören möchten:
Ein Kommentar zu “Gott der Beziehungen 1. Lesung: Spr 8,22-31 |2. Lesung: Röm 5,1-5|Evangelium: Joh 16,12-15”
Pfarrer Baldauf, Ihre Predigt zur Dreifaltigkeit hat Seltenheitswert!
Sie durchleuchten unser Gottesbild im Hinblick auf „Beziehung“ und arbeiten heraus, worauf es deshalb ankommt, und verweisen nicht nur auf begriffliche Vorstellungen, die unvollständig und u. U. irreführend sein können.
Z. B. ist es nur bedingt hilfreich, sich die Dreifaltigkeit als 3 „Personen“ im modernen, soziologischen Sinne vorzustellen mit eigenem „Personalausweis“, bzw. “Biographie”, aber so etwas wie EINE Familie.
Doch als das Dreifaltigkeitsdogma im Griechischen formuliert wurde – so lese ich – verstand man unter „persona“ nicht das gleiche wie heute. Der Begriff stand vordergründig für „Maske“: So als würde sich der EINE , unfassbare, unerforschliche Gott in dreierlei „Erscheinungsformen“ dem Menschen offenbaren. Davon wäre sozusagen Jesus Christus die für uns am „greifbarsten“, der Hl. Geist die am wenigsten vorstellbare – außer bei Schul- oder Lebensprüfungen.
Deshalb kommt es, wie Sie zu Recht ausführen, auf die Vorstellung und vor allem Umsetzung von „Beziehung“ an: Wir sind in ein „göttliches Beziehungsgeflecht“ hineingenommen von dem Paulus sagt: „In Ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir.“ (Apg. 17)
Möge daraus die Gnade kommen, ein „shalom“-mäßiges, menschliches Beziehungsgeflecht entstehen zu lassen in unserem engeren und weiteren Umfeld, wo alle Facetten des Lebens mit unserem Dreifaltigen Gott verwoben sind!
Danke in Verbundenheit!