Mit Paulus auf Reisen Helga Kohler-Spiegel
Es sind seine Briefe, die uns sein Leben, sein Denken und seine Theologie zeigen. Es ist die Apostelgeschichte, die entlang seiner Reisen die Verbreitung der Frohen Botschaft über die damalige Welt erzählt. Die Rede ist von Paulus.
In Tarsus, einer Hafenstadt im Süden der heutigen Türkei geboren, gehört er einer gläubigen jüdischen Familie an. Sein Name heißt hebräisch Sha-ul, lateinisch Saulus. Später wird er Paulus heißen. Seine theologische Ausbildung zum Rabbiner macht er in Jerusalem, gleichzeitig lernt er den Beruf des Zeltmachers. Diese stellen Zelttücher sowie Decken, Kleider, Hüte und Sättel aus Ziegenfellen her.
Paulus ist – unüblich für die damalige Zeit – unverheiratet, es wird vermutet, dass eine körperliche Einschränkung oder eine Anfälligkeit für Krankheiten dazu geführt hat. Umso eindrücklicher sind die Strecken, die er für die Verbreitung des Evangeliums, für den Kontakt zu anderen Christinnen und Christen und für die Solidarität mit anderen Gemeinden auf sich genommen hat.
Paulus hat das gesamte östliche Mittelmeer bereist, die Regionen des heutigen Israel, Libanon, Jordanien, Syrien, Türkei, Zypern, Kreta, Griechenland, Mazedonien, Malta, Sizilien, Italien – bis er etwa 59/60 n. Chr. nach Rom gekommen und ein paar Jahre später dort getötet worden ist. Die Grenze der damaligen Welt, Spanien, konnte er nicht mehr erreichen.
Die sogenannte „Erste Missionsreise“, ungefähr im Jahr 46/47, machen Paulus und Barnabas gemeinsam, sie dauert etwa ein Jahr und beginnt und endet in Antiochia (bei Pisidien), in der heutigen Türkei. Überliefert in der Apostelgeschichte in Kapitel 13-14, wird sichtbar, wie Paulus und Barnabas zu Fuß und per Schiff unterwegs sind, wie sie vorgehen, um die Botschaft zu verkündigen, und wie sie immer wieder bedroht sind an Leib und Leben. Sie haben Kontakt zu den Christinnen und Christen vor Ort, sie gehen in die Synagogen, predigen und verkündigen, sie heilen und tun Wunder.
Die sogenannte „Zweite Missionsreise“ beginnt mit einem Treffen in Jerusalem zur Klärung eines Konflikts bzw. einer zentralen Frage für die Jesus-Anhänger: Welche jüdischen Gebote und Regeln müssen nicht-jüdische Christinnen und Christen einhalten? Kann man Christ sein, ohne Jude zu sein? Es geht um die Frage, ob die Botschaft Jesu eine Erneuerung innerhalb des jüdischen Glaubens oder ob es eine Botschaft auch für Nicht-Juden ist. Im sogenannten Apostelkonvent wurde dies im Jahr 48 geklärt. In Folge davon reist Paulus bis ungefähr 51 n. Chr. durch Städte in Kleinasien und durch weite Teile des heutigen Griechenlands. Route und Dauer dieser Reise waren nicht vorab geplant, sondern ergaben sich aufgrund der Ereignisse auf der Reise, Apostelgeschichte Kapitel 15-18 erzählen davon.
Die sog. „Dritte Missionsreise“ dauert etwa von 52 bis 56 n. Chr.; sie begann in Antiochia, wo Paulus viel Zeit verbrachte, sie führte wieder vor allem durch die Gegenden von Kleinasien und Griechenland und endete in Jerusalem, wo Paulus wegen einer gewalttätigen Auseinandersetzung im Tempel zwischen Juden und den „Judenchristen“ gefangen genommen wurde und in römische Gefangenschaft geriet. Seine letzte Reise machte er als Gefangener nach Rom. Nachzulesen ist dies in der Apostelgeschichte in Kapitel 27-28.
Die Liste seiner Weggefährten und Mitreisenden ist lang, meist war er mit anderen unterwegs. Je nach Berechnung sind es zwischen 20.000 und 25.000 Kilometer, die Paulus zu Fuß oder per Schiff in diesen Jahren zurückgelegt hat. Dieses Unterwegssein war beschwerlich und gefahrvoll; Krankheiten, Schiffbrüche, Gefangenschaft, Steinigung, Auspeitschung – nichts konnte ihn aufhalten. Das ist eindrücklich – bis heute.
Helga Kohler-Spiegel, Theologin, Psychotherapeutin, Professorin an der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg, Feldkirch
Dieser Artikel ist erstmals in der Zeitschrift „Dein Wort – Mein Weg“ – Alltägliche Begegnung mit der Bibel in der Ausgabe 3/18 publiziert worden.