Netze der Menschlichkeit 1. Lesung: Apg 2,14.22b-33| 2. Lesung: 1 Petr 1,17-21| Evangelium: Lk 24,13-35
Das Evangelium gibt einen Einblick in das Leben und den Glauben der jungen Kirche am Ende des 1. Jht. n. Chr. Sie steht großen Herausforderungen gegenüber. Einige Impulse dazu:
Petrus ist mit einigen Jüngern nach Galiläa an den See Genezareth zurückgekehrt. Sie waren dem Wanderprediger Jesus gefolgt. In Jerusalem wurde ihm und seiner Botschaft der Prozess gemacht. Er wurde zum Tod verurteilt. Damit starben auch alle Hoffnungen und Träume der Jünger. Aus dem angekündigten Reich Gottes, das Jesus verkündete, wurde nichts.
Petrus kehrt zu seiner alten Tätigkeit zurück. Er und weitere Jünger gehen fischen – eine ganze Nacht lang. Sie fangen nichts. Ein „Fremder“ am Ufer ermutigt sie nochmals auszufahren und die Netze auf der rechten Seite, auf der starken Seite auszuwerfen. Zu ihrer Überraschung: die Netze sind ganz voll. Es ist Teil der Osterbotschaft, dass uns der Auferstandene als Fremder oder im noch Fremden begegnet.
Im Evangelium werden jene aufgezählt, die zum Fischen ausfahren. Manche, wie Petrus und Thomas werden mit Namen genannt. Von anderen heißt es, dass es die Söhne des Zebedäus seien. Ihre Vornamen sind unbekannt und von zwei der Mitgehenden fehlt jede Angabe. Es ist ein typisches Bild für die wachsende Gemeinde. Wenn wir unsere Gottesdienstgemeinde betrachten, geht es vielen vermutlich ähnlich. Manche sind uns mit vollem Namen bekannt, von anderen weiß man um die Familie und von einigen können wir gar nichts sagen. Es ist Bild einer wachsenden, auch einer österlichen Gemeinde. Schon in der Urgemeinde sind einander nicht alle bekannt. Es ist Zeichen einer lebendigen Kirche, wenn sie die Türen offen hält für neue Menschen, und wenn sie – wie Petrus – neue, noch unbekannte ins Boot zum Fischen einlädt. Es ist Zeichen und Aufgabe einer missionarischen Kirche, Neue einzuladen, sie mit ins Boot zu nehmen und an Diensten teilnehmen zu lassen.
Die ganze Nacht ist Petrus mit seinen Gefährten am Fischen. Nichts hat er gefangen. Er hat nichts erreicht – vergebliche Liebesmüh – alles umsonst – Misserfolg – was immer sich in dieser Erfahrung der leeren Netze spiegeln mag. Als Johannes sein Evangelium schrieb, hatten viele in der Gemeinde das Gefühl, der ganze Einsatz sei umsonst. Es bringt nichts.
Der Auferstandene steht am Ufer und gibt die Anweisung, wie es weitergehen kann. Wir haben in der Kirche die Osterkerze stehen. Sie ist das Zeichen für den Auferstandenen. Wir mögen von den Wellen und Wogen des Lebens hin- und hergeworfen sein, wir mögen das Gefühl haben, alles Mühen sei umsonst. Doch Glaubenden ist zugesagt, dass er am Ufer steht und auf uns wartet. Wenn wir uns hier zum Gottesdienst – um die Osterkerze – versammeln, dann sind wir erwartet von dem, der als Licht, als Liebender, als treuer Wegbegleiter am Ufer steht. Es zählt zur Grundbotschaft. Wir dürfen gerade dann mit dem Auferstandenen rechnen, wenn wir mit leeren Netzen aus der Nacht zurückkommen: sei es die Nacht einer Beziehungskrise, die Nacht einer Lebens- oder Sinnkrise, die Nacht einer Berufs-, Familien- oder sonstigen Krise. Die Osterkerze erinnert an den, der auf uns wartet, wenn wir mit leeren Händen aus Nächten kommen.
Auf sein Wort hin werfen Petrus und die Mitfischenden das Netz auf der rechten Seite aus. Auf sein Wort hin füllen sich die Netze. Für uns Christen, die mitten in einem großen gesellschaftlichen und kirchlichen Wandel stehen, bleibt das Hören auf sein Wort als die Basis unseres Tuns. Gottes Wort: Es sind Worte der Lebenskraft und -quelle. Es sind Worte, die die Netze der (Mit-)Menschlichkeit füllen. Eine Kirche der Zukunft ist angewiesen auf dieses Wort Gottes, das uns ins rechte Tun führt.
Als die Jünger nach dem reichen Fang ans Ufer zurückkehren, sehen sie, dass ein Kohlenfeuer brennt, darauf Fisch und Brot. Der Auferstandene hat es bereitet. Dieses Kohlenfeuer erinnert an den brennenden Dornbusch. Gottes Liebe brennt für sein Volk, für Unterdrückte und in Knechtschaft Lebende, für um Hilfe Schreiende. Gott lässt sich zutiefst anrühren von der Not seines Volkes und offenbart sich als der, „der da bleibt“.
Auch der Auferstandene ist schon da. Dieses Kohlenfeuer weist ebenso hin auf die Nacht, in der Petrus beim Kohlenfeuer Jesus verleugnet. Der Auferstandene hat es bereitet, er hat Fisch und Brot daraufgelegt, um ein Zeichen der Versöhnung und des Neuanfangs zu setzen. Er lädt Petrus ein, von den gefangenen Fischen mitzubringen und sie drauf zu legen. Es ist für das Mahl bereits alles getan – vorbereitet.
Die Versammlung um den Altar ist Symbol für dieses Kohlenfeuer am Ufer, das uns der Auferstandene bereitet. Seine Liebe brennt für sein Volk, für sein kommendes Reich. In seiner Nähe können wir uns wärmen (selbst wenn die Kirche kalt ist). Der Altar ist Zeichen der Versöhnung. Der Auferstandene deckt Vergangenes nicht einfach zu, sondern deckt sehr wohl auf, aber um einen Neuanfang zu ermöglichen: „Kommt her und esst! Er lädt zu einem stärkenden Mahl ein, ein Mahl für jene, die Nächte erleben und nichts ausrichten konnten, müde sind.
Johannes schreibt einer krisengeschüttelten Gemeinde, die mit Enttäuschungen, Rückschlägen und Erfolglosigkeit kämpft und zweifelt, ob sie Zukunft hat? Johannes erinnert an den Auferstandenen, der als Fremder am Rand steht. ER ist da. Sein Wort füllt gegen alle Erwartungen die Netze der Menschlichkeit. Er lädt zu einem besonderen Mahl ein.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus der Apostelgeschichte anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Petrus anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Lukas anhören möchten:
Ein Kommentar zu “Netze der Menschlichkeit 1. Lesung: Apg 2,14.22b-33| 2. Lesung: 1 Petr 1,17-21| Evangelium: Lk 24,13-35”
ER IST DA.
Sich darauf einzulassen, dass ER wirklich (wieder und immer wieder) da ist, lässt mich auf den gestrigen Tag, einen Tag vor dem Sonntag zurückblicken. Als in der Vorabendmesse der Priester auf diese (immer wieder) Anwesenheit hinweist, auf den der die Netze auf der richtigen Seite auswerfen lässt, werde ich spontan an eine Aussage meines 5-jährigen Enkels erinnert. Er sagte bereits am Morgen zu mir und das ganz unerwartet und eigentlich ohne irgend einem Grund der dieser Aussage hätte erwarten lassen: “Opa, ich hab dich lieb”. Er sah mich dabei nicht mal an, sondern sagte es einfach, ohne aufzublicken, in sein Spiel hinein, mit dem er gerade beschäftigt war. Ich erwiderte diese, für mich sehr berührende, Bekundung. Dabei kam mir vor, dass er diese zwar hörte, aber ihr keinen besonderen Stellenwert schenkte, da er sie, wie mir schien, ohnehin für selbstverständlich hielt. Abends dachte ich mir: “War das nicht sein Kohlenfeuer”, welches er in meinem Herzen damit aufflackern ließ?