Der Welt den Himmel wollen 1. Lesung: Apg 1,1-11| 2. Lesung: Eph 1,17-23| Evangelium: Mk 16,15-20
Bilder können in die Irre leiten. Wir kennen sogenannte Wakelbilder, die unterschiedliche Motive zeigen, je nachdem wie wir draufschauen. Auch das Fest Christi Himmelfahrt hat verschiedene Motive, Aspekte, je nachdem wie wir auf das Bild schauen. Bergründet ist dies bereits in der Bibel:
Der Evangelist Lukas schildert uns die Himmelfahrt im Bild einer Flugreise. Jesus wird in den Himmel emporgehoben und entschwindet in einer Wolke. Die Jünger stehen da und schauen ihm nach.
Markus dagegen spricht von „aufgenommen“. „Er – Jesus – wurde in den Himmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten Gottes“. Es gibt keine Zuschauer, keine Wolke und keine Zeichen am Himmel. Das Aufgenommen sein Jesu in den Himmel ist ein festgestelltes Faktum. Es ist eine Glaubenswahrheit, die in derselben Linie wie der Glaube an die Auferstehung steht.
Was wollen diese Bilder zunächst vermitteln? Was auch nicht? Wenn Lukas davon spricht, dass Jesus in den Himmel aufgefahren ist, dann geht es um das Thema Abschied. Die Jünger haben mit ihm, dem Auferstandenen verschiedene Erfahrungen gemacht: Sie sind nicht allein. ER lebt. ER ist für sie da und dies in ganz unterschiedlichen Situationen. Zugleich erleben sie nun. Sie können ihn nicht festhalten. Sie müssen und – vielleicht auch – sie dürfen ihn loslassen. Und weiter: Er traut ihnen die Welt an. Er traut ihnen seine Botschaft zur Verwaltung an. Er gibt es in ihre Hände, in die Hände der Menschen. Es geht um eine „neue“ Blickrichtung. Sie sollen ihm nicht in den Himmel nachschauen, sondern ihr Blick sei nun der Welt, beziehungsweise den Menschen zugewandt.
Ein Zweites kommt hinzu: Bei Lukas sollen sie auf den Geist warten, der sie stärken wird. Bei Markus ist es der Herr, der zur Rechten des Vaters sitzt und ihre Verkündigung bekräftigt. Das Fest Christi Himmelfahrt ist keine Vertröstung auf den Himmel. Es ist das Fest, so zeigen es die biblischen Texte, das uns die Welt zur Aufgabe gibt, diese Welt mit dem Geist von oben zu verwandeln, mit der Kraft, die zu wirken beginnt, sobald der Glaube zum Tragen kommt. Es geht um himmlische Erfahrungen hier auf der Erde: Dämonen verlieren ihre Kraft, Kranke werden heil, Menschen beginnen neu zu reden … Christus zieht sich nicht in den Himmel zurück, damit er es dort fein hat, sondern Christi Himmelfahrt ist der neue Ort seines Wirkens. Von daher kommen nun der Geist und die Kraft, die diese Welt mit Himmel füllen.
Christi Himmelfahrt – es geht nochmals um einen Abschied. Wobei es kein Abschied wie der erste ist, hinein in das Dunkel des Leidens, hinab in die Enge des Grabes, zurück zum Staub der Erde, dem Element, aus dem der Mensch geformt ist. Nein, heute ist es ein Abschied hinein in das Licht der Freude, zum Vater im Himmel, der den Menschen den Geist zum Leben einhaucht. Es ist ein Abschied, der den Jüngern und Jüngerinnen eine neue Rolle, eine besondere Aufgabe zumutet: die Welt mit Himmel zu füllen.
Beim ersten Abschied laufen die engsten Freunde hilflos, orientierungslos und verstört auseinander. Sie sind haltlos geworden. Heute, bei diesem zweiten Abschied gehen sie wieder weg, allerdings werden sie ausgesandt und ausgestattet mit Geistesgaben und Fähigkeiten, die sie stark machen, die sie über sich selbst hinauswachsen lassen. Sie bleiben nicht ratlos zurück, sondern sie haben Perspektive, sie haben Zukunft: „In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben; sie werden in neuen Sprachen reden; wenn sie Schlangen anfassen oder tödliches Gift trinken, wird es ihnen nicht schaden; und die Kranken, denen sie die Hände auflegen, werden gesundwerden.“ Es ist ein Abschied – nochmals –, der sie stark macht.
Es fällt auf, dass dieser Geist vor allem Gaben schenkt, um die Gemeinschaft aufzubauen: Dämonen auszutreiben, … in neuen Sprachen zu reden …“. Dämonen verunmöglichen ein gutes Miteinander. Sie verstören und zerstören Gemeinschaft. Sie säen Misstrauen, Angst, Vorurteile, Feindschaft u.a.
Auf einen weiteren Aspekt weist Markus hin. Der in den Himmel aufgenommene Jesus sagt: „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung!“ Das Evangelium gilt nicht allein den Menschen, sondern der ganzen Schöpfung. Vielleicht haben wir in der Vergangenheit in der Verkündigung diesem Aspekt zu wenig Achtung geschenkt. Es gibt heute weit über unseren vermeintlich kirchlichen Bereich hinaus Menschen, die gerade dieser Schöpfung eine gute Botschaft sind oder sein wollen, denen das Hüten und Bewahren von Tieren und Natur zu einer wichtigen Lebensaufgabe geworden ist.
„Sie aber zogen aus und predigten überall. Der Herr stand ihnen bei und bekräftigte die Verkündigung durch die Zeichen, die er geschehen ließ.“ In meinen Augen dürfen wir hinter diesem Engagement jenen erkennen, der zur Rechten Gottes sitzt und der dieser Welt den Himmel will.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus der Apostelgeschichte anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Éphesus anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Markus anhören möchten:
In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.