
Biblische Freunde 1.Lesung: Gen 15,5-12.17-18| 2.Lesung: Phil 3,17-4,1| Evangelium: Lk 9,28b-36
Dem Ereignis auf dem Tabor gehen bewegte Tage mit schwierigen Gesprächen voraus. Jesus ahnt seinen Weg, der womöglich den Tod mit sich bringt. Den Begleitern gibt er zu verstehen, dass die Nachfolge Leiden und Kreuz bedeuten können. Man ahnt die drückende und belastende Atmosphäre. Es ruft nach Rast, nach Auszeit, nach einer Neuorientierung.
Jesus nimmt drei seiner Jünger – Petrus, Johannes und Jakobus – mit auf einen Berg. Manche Situationen kann man nur mit den engsten Freunden und Freundinnen tragen, mit Menschen, denen man sich nicht erklären und nichts vormachen muss, die guttun, weil sie da sind.
Jesus geht auf einen Berg zur Neuorientierung. Er sucht die Nähe Gottes. Ein Anstieg ist verbunden mit Mühe und Anstrengung. Die Suche der Nähe Gottes kann anstrengend sein. Jesus steigt auf einen Berg, der Evangelist Markus spricht sogar von einem hohen Berg.
Angekommen auf dem Berg beginnt Jesus zu beten. Dieses Gebet verändert, wandelt und verwandelt ihn. Es ist ihm anzusehen, an seinem Gesicht, an seinem Gewand. Das Gebet ist mehr als ein Danken und Bitten. Es bringt ihn in Verbindung, ins Gespräch mit den großen Gestalten des Glaubens, mit Mose und Elija. Diese biblischen Freunde – Mose und Elija – gehen ebenso auf einen Berg, als sie mit den Tiefen und Niederungen des menschlichen Daseins konfrontiert sind, um nach großen Herausforderungen eine Neuorientierung zu suchen.
Mose hatte unmittelbar den Durchzug durchs Rote Meer hinter sich. Er mit dem Volk haben gerade noch überlebt. Ein solches Ereignis gilt es einzuordnen. Einschneidende Erlebnisse brauchen manchmal Zeit, um sich zu fassen. Gott stellt sich dem Mose auf dem Berg Sinai nochmals vor als der Gott, der aus der Knechtschaft in die Freiheit führt.
Elija ist zum Gejagten geworden. Es lastet schwere Schuld auf ihm. 800 Baalspriester ließ er umbringen. Die Königin Isebel trachtet ihm nach dem Leben. Er flieht zum Berg Horeb. Er will wieder Boden unter die Füße bekommen. Er lernt und begreift, dass Gott nicht im Sturm, nicht im Erdbeben, nicht im Donner, sondern im leisen Säuseln des Windes ist. Gott ist kein Gott der Gewalt.
Von diesen beiden lernt Jesus im Gebet, wie er den weiteren Weg gehen kann und wird. Jesu Gebet ist das Orientieren am biblischen Wort, das Orientieren an den beiden großen biblischen Gestalten – beziehungsweise an biblischen Freunden.
Die Jünger hören dann eine Stimme aus der Wolke. Die Wolke als Bild für die Gegenwart Gottes. Eine Wolke ist da und doch kann man sie nicht greifen und begreifen. Die Wolke wirft – vor allem in der Wüste – einen wohltuenden Schatten. In der Wolke selbst – mag sie nach außen auch ruhig aussehen – sind große Turbulenzen möglich. Vielleicht hat jemand diese Erfahrung auf einem hohen Berg schon gemacht. So können Turbulenzen im Leben auch Zeichen für den nahen Gott sein.
Jesus hat Orientierung an den großen biblischen Freunden genommen. Für die Jünger gilt es, auf ihn zu hören. Sie hören aus der Wolke die Stimme: Das ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören. Diese drei Jünger bekommen mit, der Weg Jesu ist ein anderer als sie es sich wünschen und vorgestellt haben. Nicht Hütten bauen, nicht alles so festhalten wollen, wie es ist und war, sondern auf Jesus hören, ist der Auftrag an sie.
Es heißt von den Jüngern, dass sie es nicht verstanden. Sie redeten, aber wussten nicht, was sie sagten. Man kann dem Wort Gottes nicht Hütten bauen, sondern es gilt das Wort Gottes zu leben, dem Wort Gottes mehr Raum und Kraft zu geben als den eigenen Wünschen und Vorstellungen. Nichts kann schlimmer sein, als wenn sich Menschen in den eigenen religiösen Vorstellungen und Ideen einbetoniert haben.
Am Ende schweigen die Jünger, so heißt es. In anderen Evangelien trägt Jesus das Schweigen auf. Bei Lukas sind es die Jünger selbst, die aus sich heraus schweigen. Es ist ein beredtes Schweigen, denn in dieses Schweigen hinein spricht schließlich Gott – an Ostern. Nach der Katastrophe des Karfreitags erinnern sich die Jünger an die Worte und an das Geschehen am Tabor. Auf dem Tabor schweigen sie, weil sie noch nicht begriffen haben. Es bleibt ihnen alles unverständlich. Das Geschehen am Karfreitag, die Art und Weise des Sterbens Jesu im Lichte der Gestalten von Mose, dem Befreier und Elija, dem Anwalt des einen Gottes der Menschlichkeit, wirft ein besonderes Licht auch auf die Ereignisse am Tabor. Die Erfahrung beginnt zu ihnen zu sprechen und wird nachträglich zu einem Schlüsselerlebnis, auf dem der Osterglaube aufbauen kann und wird.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Génesis anhören möchten:
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Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Philíppi anhören möchten:
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Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Lukas anhören möchten:
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In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.