Auferstehung als letzte Konsequenz göttlicher Liebe 1. Lesung: 2 Makk 7,1-2.7a.9-14| 2. Lesung: 2 Thess 2,16-3,5| Evangelium: Lk 20,27-38
Am Seelensonntag war ich bei einem Gottesdienst zugegen, der von einem Männerchor mitgestaltet wurde. Eines der Lieder, die er einbrachte, war vom bekannten österreichischen Schlagerstar und Volks-Rock‘n-Roller Andreas Gabalier: „Amoi seg ma uns wieder“. Manchmal wird dieses Lied im Rahmen von Beerdigungen gewünscht und gesungen. Manchen geht dieses Lied sehr zu Herzen. Ob es der christlichen Hoffnung von der Auferstehung dienlich ist, darf hinterfragt werden. Im Evangelium bzw. bei Jesus finde ich einen anderen Zugang. Vielleicht verliert der christliche Glaube auch deshalb bei manchen an Anziehungskraft, weil wir die Botschaft von der Auferstehung banalisieren.
Der Refrain des Liedes lautet:
„Amoi seg ma uns wieder
Amoi schau i a von obm zua
Auf meine oitn Tag leg i mi dankend nieder
Und moch für olle Zeitn meine Augen zua.“
Die Übersetzung:
Einmal sehen wir uns wieder
Einmal schaue ich von oben her zu
In meinen alten Tagen lege ich mich dankend nieder
Und mache für alle Zeiten meine Augen zu.
Es geht mir weniger um eine Kritik an Andreas Gabalier und dem Lied selbst. Er hat es nicht als Kirchenlied geschrieben. Und mir ist auch bewusst, dass er sich sehr wohl viele ernsthafte Gedanken über das Leben und den Tod gemacht hat. Der Vergleich mit dem Evangelium mag die darin liegende Botschaft verständlicher machen.
Vorweg noch einige Worte zum Konflikt, in den Jesus von den Sadduzäern hinein gezogen wird. Diese Gruppe anerkannte nur die fünf Bücher des Moses, den sogenannten Pentateuch. Die Propheten und andere Bücher der Schrift waren für sie keine Relevanz. In ihrer Argumentation beriefen sie sich auf eine Stelle im Buch Deuteronomium (Dtn 25,5f). Dort steht, dass ein Bruder seinem Bruder Nachkommen zu sichern hat, falls dieser kinderlos stirbt. Sie leugneten die Auferstehung. Sie konnten es sich nicht vorstellen, dass es ein Weiterleben gibt. Sie wollten mit dem Fallbeispiel die Absurdität des Glaubens an die Auferstehung aufzeigen.
Die Gruppe der Pharisäer dagegen – in dieser Frage stimmte Jesus mit ihnen überein – glaubten an sie. Jesus geht bei seiner Argumentation nicht auf das WIE der Auferstehung ein, sondern er fügt an, dass die irdischen Kategorien des Wahrnehmens und Denkens, wie z.B. heiraten und sterben für diese Wirklichkeit nicht ausreichend sind. Es ist größer und weiter zu denken.
Ja, die Auferstehung ist mehr als ein „Wiedersehen“. Natürlich sehnt man sich nach einem Wiedersehen mit denen, die man liebte und von denen man geliebt wurde. Aber was ist mit denen, die mich verletzt haben, die mir das Leben schwer oder womöglich versaut haben? Ist da der Wunsch nach einem Wiedersehen gegeben? Der Glaube an die Auferstehung schließt ein, dass es auch zu gelingenden Begegnungen mit jenen kommt, die ich nicht mehr sehen wollte oder konnte, die ich nicht mehr riechen konnte oder wollte (Joh 11,39), die mir Feind waren oder sind. Der Glaube an die Auferstehung ist verbunden mit dem Glauben, dass alle Beziehungen heil werden – die zerbrochenen oder gestörten Beziehungen eingeschlossen.
Der Glaube der Auferstehung schließt dieses einander auf neue Weise begegnen ein. Es ist ein neues Erkennen, ein Sehen mit neuen Augen, ein neu geschaffen werden. Die Beziehungen sind nicht mehr von der Angst und Konkurrenz bestimmt.
Der Refrain des Liedes endet mit: „Und moch für alle Zeitn meine Augen zua.“ oder: Und mache für alle Zeiten meine Augen zu. Es mag ein kleines Detail sein, aber im Normalfall schließt ein sterbender Mensch nicht selbst die Augen. Es ist ein besonderer (Liebes-)Dienst an einer verstorbenen Person, ihr oder ihm die Augen zu schließen.
Wenn wir ferner die Osterberichte anschauen, dann ist es ein zentrales Thema, das Sehen des Auferstandenen und das Gesehen werden vom Auferstandenen. Es gehen den Jüngerinnen und Jüngern mehrfach die Augen auf. Sie als Versager, Feiglinge und Leugner erfahren, der Auferstandene sieht sie an, hält an der Beziehung fest, wirbt um Vertrauen und spricht Frieden und Leben zu.
Wir haben das Leben nicht gemacht. Es ist uns geschenkt – von den Eltern, von Gott. Wir können und müssen die Auferstehung nicht machen, auch sie wird ein Geschenk sein. Wir können das Geschenk der Auferstehung nicht groß und weit genug denken. Die Bibel sagt, dass sie Liebende am ehesten begreifen können. Die Auferstehung hat ihren letzten und tiefsten Grund in der Liebe eines Gottes, der das Leben will, näherhin ein erfülltes Leben (Joh 10,10).
„Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes. Doch ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist“ lesen wir im ersten Johannesbrief (1 Joh 3,2).
Karl Rahner SJ wurde einmal gefragt, welche Vorstellung er zum Sterben habe und zudem, was danach kommt? Er beschrieb es als ein „erschreckendes Staunen“ oder auch „staunendes Erschrecken“, weil wir so überrascht sein werden. Es wird alle unsere Vorstellungen und Erwartungen übertreffen. Überwältigend wird es sein.
Dem Evangelium können wir entnehmen, dass für Jesus die Sadduzäer die Auferstehung zu klein und eng denken. Der Blick in die Evangelien zeigt uns, dass sich Gott als einer offenbart, dem jeglicher Tod zuwider ist und die Auferstehung diese letzte Konsequenz seiner Liebe bleibt, die er zu allem Geschaffenen hat.
Gott ist ein Gott der Lebenden. Der Umgang mit dem Tod, mit dem Sterben bleibt eine Herausforderung. Da gibt es nichts zu beschönigen. Glaubende sind dennoch eingeladen ihr Vertrauen auf den zu setzen, der uns ins Leben geliebt hat und seine Liebe nicht verleugnen wird. Wir bleiben seine geliebten Kinder im und trotz des Todes.
Ein Kommentar zu “Auferstehung als letzte Konsequenz göttlicher Liebe 1. Lesung: 2 Makk 7,1-2.7a.9-14| 2. Lesung: 2 Thess 2,16-3,5| Evangelium: Lk 20,27-38”
Für mich bleibt der Glaube an ein Weiterleben in sich ein Geschenk. Wenn ich Rahner’s Aussage: “Erschreckendes Staunen bzw. staunendes Erschrecken” lese, trifft in meinen Augen diese Bemerkung wohl am ehesten zu. “Amoi seg ma uns wieda” ist aus menschlicher Sicht, im etwas naiven Schlagergedankengut hinterlegt, zwar verständlich, aber wird, wie die vorangegangen Bemerkungen zeigen, wohl auch widerlegt. Ich bin mir nicht sicher, ob ich im menschlichen Sinne ein Wiedersehen trotz aller Erdenliebe wünsche. Ich denke, dass vielmehr in diesem unerwarteten Staunen sich eines Tages, wenn wir dieses Erdenrund verlassen, der Himmel für uns Menschen (staunend) öffnen wird und wir in die zugesagte Liebe Gottes fallen dürfen. Eine Liebe die wohl jede Vorstellungskraft übersteigen wird.