Da öffnet sich der Himmel 1. Lesung: Jes 42,5a.1-4.6-7 | 2. Lesung: Apg 10,34-38| Evangelium: Mt 3,13-17
Die Taufe ist für Jesus eine einschneidende Erfahrung, ein Wendpunkt seines Lebens, die ihn bis zuletzt, nämlich bis in sein Sterben hinein tragen wird. Er, mit seiner fragwürdigen Herkunft, der nicht weiß, wer der „Vater“ ist, hört die Stimme aus dem Himmel: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich gefallen gefunden habe. Mit dieser erfahrenen Zusage geht er – heilsam und heilend – auf die Menschen zu. Dieser Stimme traute er schließlich in jener Phase, als es um Leben und Tod ging.
Einige Hinweise zum Verständnis der Taufe Jesu:
Zunächst wird erwähnt, dass Jesus aus Galiläa an den Jordan kommt. Das Wirken des Johannes zieht bereits immer weitere Kreise. Bisher waren es vorwiegend Menschen aus dem Gebiet von Juda, dem Süden Israels, die Johannes aufsuchten. Es unterstreicht den Ruf des Johannes, der bereits über die Grenze hinausgeht. Es ist ein hoffnungsvoller Neubeginn, der Kraft hat und der auch Jesus anzieht.
Jesus lässt sich taufen. Da öffnet sich der Himmel. Was hier von Jesus gesagt wird, hat Bedeutung für unsere Taufspiritualität. Wir feiern in der Taufe, dass Gott den Himmel offen hält. Über dir als Getaufte, als Getaufter steht der Himmel offen. Lass es dir gesagt sein. Aus diesem geöffneten Himmel kommt ein neuer, heilsamer, heiliger Geist als Geschenk. Ob Du ihn aufnimmst oder nicht, das ist deine Sache.
Gott hält den Himmel über dir offen, selbst wenn du eine Schuldgeschichte hast. Ein Neubeginn ist immer möglich. Er bleibt bei der Bereitschaft, dich zu beschenken, dich zu stärken und aufzurichten, dich zu lieben und zu heilen.
Der Geist kam wie eine Taube auf ihn herab. Wir sind an die Noah-Geschichte erinnert. Die Taube, die zur Arche mit einem Ölzweig im Schnabel mit der Botschaft zurückkehrt: Die Zeit der Not ist vorbei. Ein neues Leben in Freiheit kann beginnen.
Aus diesem geöffneten Himmel kommt – nochmals – die Stimme: „Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter, an dir habe ich Gefallen gefunden“. Diese Stimme des Himmels kann als das biblische Wort gedeutet werden. Diese Stimme bei der Taufe ist zugleich ein Schlüssel zum Verständnis der Bibel selbst. Alles, was du in ihr liest, dient dieser Aussage, dass Gott dich liebt und dass er an dir Gefallen hat: sei es, dass sie dich stärkt und aufrichtet; sei es, dass sie dich fordert und in Frage stellt; sei es, dass sie dir vorerst auch unverständlich und verborgen gegenübertritt.
Ein weiterer Gedanke betrifft das Verhältnis Jesus und Johannes: Jesus drängt Johannes zur Taufe. Er sagt zu ihm: „Lass es nur zu“. Es ist eine Geste der Demut, einer besonderen Demut. Jesus stellt sich in die Reihe jener Menschen hinein, die Umkehr notwendig haben. Er begegnet Johannes auf Augenhöhe und zeigt keine Tendenz, sich über andere erheben zu wollen.
Jesus geht einen weiten Weg, um sich taufen zu lassen. Er sagt damit: ich will dazugehören. Ja, ich teile das Leben mit den Menschen, die Umkehr notwendig haben, um mit ihnen einen Weg ins Heil zu suchen. Ich solidarisiere mich mit den Sündern. Er sucht nicht die Aus- oder Abgrenzung, er hält sich auch nicht die Hände rein gegenüber Versagern oder Schuldigen. ER stellt sich in ihre Reihe.
Jesus geht einen weiten Weg, um sich mit diesen zu solidarisieren und mit ihnen einen Weg aus der Dunkelheit des Lebens zu suchen. Eine andere biblische Szene bringt es auf den Punkt, die Szene in der ein Pharisäer und ein Zöllner in den Tempel gehen um zu beten. Der Pharisäer ganz vorne sagt leise: ich danke Gott, dass ich nicht so bin, wie die anderen Menschen, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder wie dieser Zöllner da hinten. Der Zöllner dagegen hinten betet: Gott, sei mir Sünder gnädig (Lk 18,9ff).
Jesus dankt nicht dafür, dass er besser als die anderen ist. Er läuft nicht von jenen weg, die Fehler machen. Er macht sich nicht Gedanken darüber, was Sünder in Zukunft nicht mehr tun sollen oder wovon sie ausgeschlossen werden müssten. Er sucht ihre Nähe, um einen Weg der Hoffnung zu gehen. Er sucht mit ihnen einen Weg des Heils, einen Weg ins Heil.
Es gehört zur Taufspiritualität an sich zu arbeiten. Sich aber für besser zu halten als andere – selbst wenn es sich um Sünder oder Sünderinnen handelt – hat nichts mehr mit dem zu tun, was Jesus mit der Taufe aufgezeigt hat. Das ist – nochmals – die Demut, die hier bei Jesus sichtbar wird.
Ein letzter Gedanke zur Taufspiritualität: Als getaufter Christ kann ich nicht mehr sagen, der andere oder die andere geht mich nichts an. Als Christ übernehme ich Verantwortung für Mitmenschen. Es kann mir nicht egal sein, wie es jemanden geht. Es kann sein, dass ich hilflos oder ohnmächtig einer Situation gegenüber stehe, aber ich nehme bereits Verantwortung wahr, wenn ich einen Menschen im Gebet vor Gott bringe.
Die Taufe ist das Eintauchen in die Welt der Menschen und mit ihnen als Geliebte und Liebende einen Weg des Heils und der Heilungen zu gehen.
Ein Kommentar zu “Da öffnet sich der Himmel 1. Lesung: Jes 42,5a.1-4.6-7 | 2. Lesung: Apg 10,34-38| Evangelium: Mt 3,13-17”
Aus dieser Sicht habe ich meine Taufe noch nie gesehen. Ich bin dankbar, dass dadurch der Himmel für mich geöffnet bleibt.