Es gilt zu Feiern 1. Lesung: Ex 32,7-11.13-14 |2. Lesung: 1 Tim 1,12-17|Evangelium: Lk 15,1-32
Wir haben das gesamte 15. Kapitel aus dem Lukasevangelium gehört. Ausgangspunkt ist, dass die Pharisäer und Schriftgelehrten Anstoß an Jesus nehmen, weil er sich mit Zöllnern und Sündern traf und sie ihm zuhörten. Auf einige wenige Besonderheiten will ich hinweisen:
Lukas erzählt immer wieder neben einer Männergeschichte eine Frauengeschichte. Wenn einer hundert Schafe hat und eines verliert, dann sucht der Hirte, bis er es findet und feiert mit seinen Freunden. Daneben: Wenn eine Frau zehn Drachmen hat und eine verliert, dann sucht sie, bis sie findet und feiert mit den Freundinnen. Der Glaube geht Frauen und Männer an. Er berührt und zeigt sich in den alltäglichen Erfahrungen. Er schafft und vertieft Beziehungen. Er führt Menschen zusammen. Er wirkt gerade dadurch, dass Menschen Grund zum Feiern finden und haben.
Mit den ersten beiden Gleichnissen hält Jesus seinen Zuhörern einen Spiegel vor. Er erzählt Beispiele, in denen es um ihren Besitz geht: Der Hirt und die Schafe, die Hausfrau und ihre wertvollen Drachmen. Der Hirt riskiert viel, nämlich seine übrigen neunundneunzig Schafe, die er zurücklässt. Die Frau sucht unaufhörlich, bis sie die verlorene Drachme findet. Der Einsatz zeugt davon, dass ihnen das Verlorene wichtig ist und einen hohen Stellenwert einnimmt.
Bei den Gleichnissen schwingt bei Jesus die Frage mit: Wie habt ihr es mit den Menschen? Wenn es um den Besitz geht, da geschieht viel. Wenn es um Menschen geht: Wie sieht da der Einsatz aus?
In den Augen der Pharisäer und Schriftgelehrten waren die Zöllner und Sünder Außenseiter. Sie wurden gemieden, ausgegrenzt. Sie wurden wie die Heiden behandelt. Man ging an ihnen wortlos vorbei.
Es ist wie ein Gegenbild: Der Hirt, der das verlorene Schaf auf die Schultern nimmt und heimträgt in die Gemeinschaft. Es ist Teil der Versöhnungsarbeit, die Jesus seinen Hörern zumutet.
Ein weiterer Hinweis: Bei Lukas ist die Pointe der Rede von den Hirten und den Schafen etwas anders als bei Johannes: Bei Lukas bezieht Jesus das Hirte Sein auf die Hörer und Leser: Wenn jemand bei euch hundert Schafe hat und eines verliert, wird er dann nicht so und so handeln… Bei Johannes ist der Hirte Jesus selbst. Lukas ist es ein Anliegen, den Hörern, beziehungsweise den Lesern die Sorge um die Mitmenschen nahe zu bringen, vor allem die Sorge um jene, die aus wirtschaftlichen oder religiösen Motiven zu Außenseitern geworden sind. Ausgrenzung und Ablehnung macht keinen Menschen besser. Dieses den Menschen nachgehen und in die Gemeinschaft hereinholen ist ein Wagnis, das kein Erfolg verspricht.
Ein letzter Hinweis: Ich habe schon erwähnt, bei den ersten beiden Gleichnissen dauert die Suche so lange, bis das Schaf, beziehungsweise die Drachme gefunden werden. Im dritten Gleichnis, in der Erzählung vom verlorenen Sohn, bleibt der Vater im Haus. Er bleibt zuhause. Er hält den Weg aus, den sein jüngerer Sohn geht; der Weg ins Elend bis zum Schweinetrog. Er geht ihm nicht nach. Er holt ihn nicht zurück, trägt ihn auch nicht zurück, sondern er wartet bis der Sohn selbst kommt.
Wir dürfen diese unterschiedlichen Zugänge zur Umkehr als Hintergrund der eigenen Gottesbeziehung verstehen: Vielleicht habe ich Gott als jemanden erlebt, der/die mich sucht, immer wieder sucht und trägt und das Leben schließlich zum Fest werden lässt. Vielleicht erlebe ich Gott als fern, der mich die Wege gehen lässt, der mir das Elend, die Not, den Schweinetrog zumutet und ich womöglich von seinem Warten nichts verspüre?
Diese Gleichnisse können auch Hintergrund für Zugänge im Umgang mit Menschen sein, die in Umkehrprozessen stecken; etwa für Eltern. Es kann sein, dass ich – wie im Gleichnis der Vater – einen Menschen seinen Weg gehen lasse, ohne jede Bemutterung, ohne Ratschläge, ohne jemanden auf die Pelle zu rücken. In diesem Aushalten findet der jüngere Sohn zu seiner Reife.
Was die drei Gleichnisse gemeinsam haben ist das Fest. Wollen Umkehr, Versöhnung und Neuanfang nachhaltig Bestand haben, dann darf das gemeinsame Feiern nicht fehlen.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Éxodus anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Brief des Apostel Paulus an Timótheus anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Lukas anhören möchten: