Gegenwärtigkeit des Auferstandenen 1. Lesung: Gen 1,1-2,2 |2. Lesung: Gen 22,1-19|3. Lesung: Ex 14,15-15,1 |4. Lesung: Jes 54,5-14|5. Lesung: Jes 55,1-11 |6. Lesung: Bar 3,9-15.32-4,4|7. Lesung: Ez 36,16-17a.18-28|8. Lesung: Röm 6,3-11|Evangelium: Lk 24,1-12
Vielleicht ist uns die Osterbotschaft: „Jesus ist auferweckt“ zu sehr vertraut, dass sie kaum oder gar nicht berührt. Lukas zeigt auf, dass die Botschaft erst gelernt werden musste. Vermutlich müssen wir sie auch heute lernen.
Die ersten Osterberichte sprechen nicht von einer Auferstehung Jesu, sondern dass er aufgeweckt wurde. Es ist eine Initiative, ein Werk Gottes, des Vaters. Er bringt den Hingerichteten neu ins Recht und damit auch neu ins Leben. Er, der am Beginn das Leben einhaucht, er vermag es neu im Tod einzuhauchen. An Ostern feiern wir diese Leidenschaft Gottes für das Leben. Es ist sein Wesen, Freude am Leben zu haben und uns an dieser Freude teilhaben zu lassen.
Nochmals diese Erkenntnis gründet auch bei Jüngerinnen und Jüngern auf einem Lernprozess. Was die Frauen zunächst entdecken ist ein leeres Grab. Der Leichnam ist weg. Was hat das zu bedeuten? Welch ein Schock? Ratlosigkeit, so heißt es, erfüllte die Frauen. Da ist dann die Frage der zwei Männer in strahlenden Gewändern an sie: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, sondern ist auferweckt worden. Erinnert euch an das, was er euch in Galiläa gesagt hat. Als die Frauen zu Petrus und den anderen Jüngern kommen, halten sie alles für leeres Gerede.
Dem Auferstehungsglauben, wie bereits erwähnt, liegt ein mühsamer Lernprozess zugrunde:
Ein erstes: Mit roher Gewalt wollten manche Jesus, sein Leben und seine Botschaft zum Schweigen bringen verbunden mit der Absicht, seinen Namen auszulöschen, beziehungsweise ihn vergessen zu machen. Dieser Versuch scheitert kläglich. Das Leben und die Liebe siegen über Gewalt und Tod. Dafür steht Gott, den uns die Bibel offenbart und den wir heute feiern und auf dessen Namen wir getauft sind oder werden.
Ein zweites: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Ich kann heute nur bitten, diese Frage zuzulassen und sie ernst zu nehmen. Suchen wir den Lebenden bei denen, die das Schweigen der Frauen in der Kirche wünschen oder fordern? Lukas erzählt uns im Osterbericht, dass es die Frauen waren, die im leeren Grab Leben – zwei Männer in strahlenden Gewändern – sahen und eine Botschaft hörten, wie es weitergehen wird. Petrus und die Jünger sehen und hören von all dem nichts und halten das von den Frauen Erzählte als pures Gerede. Es könnte leicht das Gefühl aufkommen, an dieser Situation hat sich bis heute nicht viel verändert.
Ein drittes: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Es sind nicht die hochangesehenen Priester, Hohepriester und Leviten, die im religiösen Zentrum, im Tempel zu Jerusalem Dienst tun, es sind einfache Frauen und Männer, vorwiegend aus dem Missionsgebiet Galiläa, die Ostern verstehen und glauben lernen. Wir dürfen und können in Zukunft vom Klerus – Priestern und Diakonen – nicht mehr viel erwarten. Noch wird die Struktur der Kirche – sprich Gemeinden – der Anzahl der Priester angepasst. Es gibt Seelsorgeräume, Pfarrverbände u.a., um jede Gemeinde mit einem leitenden Priester ausstatten zu können. Das Ende dieses Versuches ist absehbar. Sucht den Lebenden nicht bei den Toten. Wir haben es zu lernen, die Kirche der Zukunft mehr oder weniger ohne den Dienst der Priester und zahlreich ausgebildeter TheologenInnen zu denken. Es wird allerdings weiter Kirche geben, weil der Auferstandene weiter bei den Menschen sein wird und seinen Geist ausgießt. Es wird weiter die Kirche geben, weil Gott lebendig ist und das Leben liebt.
Erinnert euch, was er – Jesus – in Galiläa gesagt hat. Wir sind daran erinnert, dass Jesus in der Synagoge in Nazaret mit den Worten begonnen hat: „Der Geist des Herrn ruht auf mir, weil er mich gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Armen eine frohe Botschaft zu bringen, den Gefangenen Befreiung zu verkünden und den Blinden das Augenlicht, die Zerschlagenen in Freiheit zu entlassen und auszurufen ein Gnadenjahr des Herrn“ (Lk 4,18-19).
Und bald danach hat er Menschen zu Menschenfischern berufen (Lk 5,1-11). Der Auferstandene lebt in dieser Welt, in der die Bedrängten und Notleidenden in die Mitte genommen werden, Solidarität mit ihnen gelebt wird. Der Auferstandene ist gegenwärtig bei jenen, die sich zu Menschenfischern rufen lassen, im Dasein für Menschen, denen das Wasser bis zum Hals steht – aus welchen Gründen auch immer.
Sucht den Lebenden nicht bei den Toten. Der Glaube der Auferstehung ist eng verbunden mit der Suche nach dem Lebenden. In meinen Augen fängt diese Suche heute an mit der Frage: Wie sprechen wir heute von ihm, dem Lebenden, dem Auferstandenen? Wir sind da ganz nahe an den Jüngern dran, die die Erzählungen der Frauen zunächst auch für Gerede oder Geschwätz hielten. Es braucht ein Reden vom Auferstandenen, von Gott ohne platt, vereinfachend und ohne abgehoben, überheblich zu wirken und zu sein. Wir haben eine neue Sprache in der Liturgie notwendig, die die Herzen erreicht, die auch für Menschen unserer Tage verständlich ist, etwa auch für junge Menschen. Es bedarf des Suchens und des Lernens.
Vermutlich sind es viele, die neu die Sprache des Glaubens zu lernen haben. Der Glaube drückt sich im Beten aus, im Danken und Bitten. Wie schwer fällt es uns, unseren Glauben vor anderen ins Gespräch, beziehungsweise ins Gebet zu bringen. Wie bereits erwähnt, in dieser Aufgabe standen auch die Jünger. Zu Beginn war es für sie nichts mehr als Gerede. Sie wurden zu Zeugen der Auferstehung. Dahinter steht ein intensiver Lernprozess.
Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Diese Frage an die damaligen Frauen, die den Auferstandenen am Grab suchten, ist eine bleibende Frage an alle, die Jesus folgen. Die Frage richtet sich gerade auch an jene, die über den Glaubensschwund unserer Zeit klagen. Vielleicht sollten sie die Suche nach dem Lebenden neu aufnehmen?
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Génesis anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Buch Génesis anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 3. Lesung aus dem Buch Exodus anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 4. Lesung aus dem Buch Jesája anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 5. Lesung aus dem Buch Jesája anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 6. Lesung aus dem Buch Baruch anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 7. Lesung aus dem Buch Ezéchiel anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 8. Lesung aus dem Brief des Apostel Paulus an die Gemeinde in Rom anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Lukas anhören möchten:
3 Kommentare zu “Gegenwärtigkeit des Auferstandenen 1. Lesung: Gen 1,1-2,2 |2. Lesung: Gen 22,1-19|3. Lesung: Ex 14,15-15,1 |4. Lesung: Jes 54,5-14|5. Lesung: Jes 55,1-11 |6. Lesung: Bar 3,9-15.32-4,4|7. Lesung: Ez 36,16-17a.18-28|8. Lesung: Röm 6,3-11|Evangelium: Lk 24,1-12”
Lieber Erich,
deine Ostergedanken beschäftigen und bestärken mich. Wir dürfen den Lebenden nicht bei den Toten suchen, neuer Wein gehört in neue Schläuche. Lk 4,18 kann uns Richtschnur sein, in welche Richtung unser Lernen der Auferstehung gehen kann. Dabei dürfen wir auf die Treue Gottes vertrauen. Er hat Jesus erweckt und wird auch bei uns, in unserer Kirche das Tote zum Leben erwecken.
Danke, Erich,
auch mich haben Deine Gedanken sehr berührt, besonders der Hinweis auf den intensiven Lernprozess. Dieser wird ja bis an unser Lebensende wichtig sein.
Zu diesem Lernprozess gehört für mich Dein Satz:
“Wir haben eine neue Sprache in der Liturgie notwendig, die die Herzen erreicht, die auch für Menschen unserer Tage verständlich ist, etwa auch für junge Menschen.” Nicht nur in der Liturgie – ich habe da mit der neuen Übersetzung der Bibel so meine Mühe, die nach meinem Gefühl alles andere als für die heutige Zeit verständlich geschrieben ist.
Danke, dass Du/dass Ihr immer wieder versucht, die Worte auch für uns Laien verständlich zu machen.
Schöne Grüße Gertrud Geser
Vielleicht hilft uns auch eine Botschaft aus der Natur, Ostern besser zu verstehen und in die menschliche Realität einzuordnen.
Ein Text aus dem Jahre 1942 des Religionsphilosophen Schalom Ben-Chorin, dessen geistige Heimat an der Isar und am Jordan war, ist an Aktualität nicht zu überbieten.
Er trägt den Titel „Das Zeichen“ und birgt im Grauen der Zeit eine tröstliche Botschaft, die ich auch als österlich sehe:
„Freunde, dass der Mandelzweig
wieder blüht und treibt,
ist das nicht ein Fingerzeig,
dass die Liebe bleibt.
Dass das Leben nicht verging,
soviel Blut auch schreit,
achtet dieses nicht gering
in der trübsten Zeit.
Tausende zerstampft der Krieg,
eine Welt vergeht,
doch des Lebens Blütensieg
leicht im Winde weht.
Freunde, dass der Mandelzweig
sich in Blüten wiegt,
bleibe uns ein Fingerzeig,
dass das Leben siegt.“
Mögen wir alle belebt, geliebt und behütet werden an und durch Ostern!