
Glaubensfragen 1.Lesung: Spr 8,22-31| 2.Lesung: Röm 5,1-5| Evangelium: Joh 16,12-15
Wir lernen ein Leben lang und dennoch vermögen wir nur einen geringen Teil des Lebens, der Eindrücke, der Ideen, der Wirklichkeit und der Offenbarungen zu begreifen. Vieles bleibt uns verborgen oder ein Geheimnis, wobei gerade das Geheimnis „Brot für die Seele“ ist. An diesem Sonntag werden wir mit dem Geheimnis der Dreifaltigkeit befasst. Wir bekennen sie im Glaubensbekenntnis, das dieses Jahr 1700 Jahre alt wird. Einen Aspekt, beziehungsweise eine Differenzierung möchte ich herausheben.
Es betrifft ein Wort, das man weglassen, wegdenken kann. Im Regelfall bekennen wir: Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen … Es ist so richtig. Aber genauso ist richtig, wenn wir das kleine Wörtchen „AN“ weglassen würden, also bekennen: Ich glaube Gott, dem Vater, dem Allmächtigen … Es sind also beide Formulierungen denkbar: „Ich glaube an Gott.“ oder: „Ich glaube Gott.“
Um es verständlicher zu machen: Es ist ein Unterschied, ob ich zu einem Menschen sage: Ich glaube an dich, oder: Ich glaube dir. In der ersten Formulierung schwingt mit, dass einem Menschen viel zuzutrauen ist, dass er oder sie Potential hat, vielleicht mehr als ein Mensch sich selber zutraut. Dieses Glauben an einen Menschen will ihn stärken und Rückhalt geben. In der zweiten Formulierung: „Ich glaube dir“, geht es um Beziehung, um das Vertrauen. Sie ist belastbar, weil der Wahrhaftigkeit, der Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit eines Menschen getraut wird.
Im Glaubensbekenntnis kommen ebenso diese unterschiedlichen Aspekte zum Tragen. In Ansätzen dazu einige Gedanken.
Wir bekennen: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.“ Wir glauben an Gott, der alles geschaffen hat, der damit in und durch die Schöpfung auch erfahrbar ist und wird. Es gibt nichts, was Gott nicht gewollt hätte, sonst wäre es nicht.
Mit dem Bekenntnis: „Ich glaube Gott, den Vater, den Allmächtigen, dem Schöpfer des Himmels und der Erde“, legen wir den Schwerpunkt des Glaubens darauf, dass Gott heute, jetzt schöpferisch am Werk ist. Wir trauen seinem schöpferischen Wirken, das z.B. die KI nicht ersetzen kann, das sich vielleicht aber in der KI zeigen kann. Wir erleben eine Welt, die sich weiterentwickelt. Wir glauben, dass es mit Gott zu tun hat, auch wenn uns vielleicht manches unheimlich oder unverständlich bleibt.
Wir bekennen ebenso: „Ich glaube an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, der geboren wurde … bis hin, der kommen wird zu richten die Lebenden und die Toten“. Wir glauben an Jesus, der einen ungewöhnlichen Lebensweg gegangen ist und den wir als den rettenden Richter erwarten (Vgl. Joh 3,17).
Das Bekenntnis: „Ich glaube Jesus Christus“, ist Ausdruck einer Beziehung, die in die Nachfolge ruft. Jesus zu glauben heißt auch seinem Weg, beziehungsweise seinem Lebensprogramm zu trauen. Die Sorge für Menschlichkeit, Recht und Gerechtigkeit, für Versöhnung und Frieden kann zum Leidensweg werden, wie es der Weg Jesu wurde. Wir trauen seinen Worten, der z.B. lautet: „Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten“ (Lk 9,24). Ihm trauen wir, dass sein Weg ein Weg des Heils für jeden und jeden ist.
Wir bekennen schließlich vom Heiligen Geist: „Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige, katholische Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben.“ Es ist zunächst der Glaube, was der Heilige Geist gewirkt hat. Es ist dem Heiligen Geist zu verdanken, dass es eine Gemeinschaft gibt, die Jesus nachfolgt. Die heilige, katholische Kirche ist ein Werk des Heiligen Geistes. Am Karfreitag schien alles ein Ende zu haben. Jesus war tot. Die Jüngerinnen und Jünger zerstreut. Es ist eben dem Wirken des Heiligen Geistes zu verdanken, dass bei den Zurückgebliebenen die Überzeugung, der Glaube wächst, dass das, was Jesus gelebt hat, zur Rettung der Welt dient. Und weiter: Sein Weg ist ein Weg zum Leben, zum ewigen Leben.
Wenn wir heute dem Heiligen Geist glauben, dann ist es der Glaube, dass er eben heute am Werk ist. Er schafft eine Gemeinschaft, die heilig ist, nicht, weil sie perfekt ist, sondern weil sie zu Menschen mit allen ihren Grenzen und Begrenzungen ja sagt; die heilig ist, weil sie immer wieder neu vom Heiligen Geist inspiriert wird. Wir glauben dem Wirken des Heiligen Geistes, der Wege weist, wie Menschen zueinander finden. Es ist Heiliger Geist, der Menschen aus Tod und tödlichen Strukturen rettet. Er führt Menschen zu neuem, tiefem Sinn im Leben. Es ist ewiges Leben.
Es ist eine herausfordernde Frage: Glaubst du Gott?
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch der Sprichwörter anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Johannes anhören möchten:
In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.