Wenn der Meister selbst die Füße seiner Freunde wäscht 1. Lesung: Ex 12,1-8,11-14 | 2. Lesung: Kor 11,23-26 | Evangelium: Joh 13,1-15
Die Liturgie des Gründonnerstags berührt eine Fülle von Themen. Ich wähle aus und versuche sie näher zu bringen:
Jesus versammelt sich mit seinem Freundeskreis – Frauen und Männer – zur Pessachfeier. Eine Pessachfeier ohne Frauen war in der Zeit Jesu undenkbar; die Zahl 12 meint gerade das ganze Volk, Männer und Frauen, Kinder und Greise. Es ist das Gedenken und die Feier jener Nacht, in der Gott mit seinem Volk den Weg in die Freiheit beginnt. Jesus feiert mit den Freunden von neuem: Heute Nacht ist die Zeit zum Aufbruch in eine neue Freiheit gekommen. Wie die nächsten Tage zeigen, gibt es Kräfte, die wollen das verhindern und doch wird wahr, was Jesus zu feiern hat. Es wird zum Weg in Gottes Leben und in seine Freiheit.
Wenn wir uns heute zum Gottesdienst versammelt haben, dann ist es ebenso die Feier, dass Gott mit uns einen Weg aus jeglicher Knechtschaft in die Freiheit geht. Gottes Absicht ist, niemand soll Knecht sein auf Grund materieller, psychischer oder religiöser Not. Es ist Gott, der uns führt und mag da manches sogar sterben, was uns lieb geworden ist. Es dauerte bis die Jünger begriffen, Gott hat Jesus durch den Tod hindurch, aber mit ihm auch sie selbst in ein neues Leben geführt.
Es ist die Zeit zum Aufbruch: Wir feiern heute Abend, es ist Gott, der in und hinter den Aufbrüchen, in und hinter den Veränderungen zu suchen ist. Wir erleben auf der politischen und gesellschaftlichen Ebene sehr viel Veränderung, vielleicht ist es mehr ein erahnen als ein beschreibbares Erleben. Grundanliegen Gottes ist die Würde des Menschen, das Leben, die Gerechtigkeit und Freiheit, nicht die Knechtschaft. Er ist und bleibt Anwalt jener, deren Würde missachtet wird, die zu Knechten der Armut, der Arbeitslosigkeit und Geringachtung gemacht werden.
Ein anderes Thema dieser Feier ist Abschied: Jesus rüstet seine Freundinnen und Freunde für die Zeit nach ihm, bzw. ohne ihn. Er als Meister und Herr wäscht den Seinen die Füße – nicht den Kopf. Er gibt ihnen ein Beispiel, damit auch sie tun, was er getan hat. Er wäscht auch dem Petrus und dem Judas die Füße.
Es wäre fatal, würden wir gerade dieses Beispiel moralisieren und einander als Mangel vorhalten. Es zeichnet zuerst das Verständnis von Gottesdienst: Wenn wir uns zum Gottesdienst versammeln – ob Wortgottesfeier oder Eucharistie –, es ist jeweils eine Feier, in der Jesus den Mitfeiernden die Füße wäscht. Es kann natürlich sein, dass sich manche wie Petrus verhalten und die Fußwaschung verweigern, die sich vom Wort Gottes nicht anrühren lassen und sich dem dankbaren Teilen verweigern, die so wie sie hereinkommen auch jedesmal hinausgehen wollen. Jesus wäscht die Füße. Er ist uns gut. Er will uns wandeln und verwandeln. Gott braucht nicht unser Mitfeiern, er braucht nicht unseren Dienst, sondern es ist Gott, der uns – den Mitfeiernden – dient und unseren Durst nach Liebe und Leben stillt.
Fußwaschung – es erinnert auch an die vielen Menschen, die diesen Dienst tagtäglich an anderen tun und für die wir nur tief dankbar sein können. Ich denke da an die Pflegedienste in den Familien, Altersheimen und Krankenhäusern. Es gibt viele Menschen – nicht zuletzt aus anderen Ländern und Völkern -, die in Würde für pflegebedürftige Menschen da sind. Viele tun es mit viel Herzblut und großer Hingabe und werden dennoch kritisiert und Vorwürfen ausgesetzt. Die Fußwaschung macht uns bewusst: Ihr Dienst am Nächsten ist gelebter Gottesdienst und da ereignet sich kirchliches Leben. In kirchlichen Kreisen wird öfters über den Rückgang des kirchlichen Lebens gejammert. Vielleicht haben wir es verlernt, das wirklich kirchliche Leben wahrzunehmen und es jenen abzusprechen, die es bezeugen? Es gibt viel kirchliches Leben im Pflege- und Hospizbereich. Darüber hinaus gibt es viele unscheinbare Dienste, die diesem Dienst gleichkommen: Mullabfuhr, Reinigungsdienste, Sozialarbeit bei Menschen, deren Leben aus dem Ruder gelaufen ist…
Fußwaschung – Jesus setzt dieses Zeichen beim letzten Abendmahl. Es folgt für seine Freunde eine große Krise. Beim letzten Abendmahl schwören beinahe alle Treue bis zuletzt. Als es aber eng wird, lassen sie Jesus im Stich und fliehen. Petrus verleugnet Jesus: er habe mit ihm nichts zu tun gehabt. Judas wird zum Verräter, zerbricht an seiner Schuld und bringt sich um. Der sie bisher zusammengehalten hat – Jesus – stirbt. Es gibt viele Gründe in dieser Situation einander Vorwürfe und Vorhaltungen zu machen. Jesus hat ihnen für diese Krise den Geist der Fußwaschung mitgegeben. Die gegenseitige Kopfwäsche hätte vermutlich der Bewegung den Todesstoß gegeben. Christen sind gehalten Krisen mit dem Geist der Fußwaschung anzugehen.
Es kann sein, dass uns die Diözese für Pfr. Gerold keinen Pfarrer als Nachfolger zur Verfügung stellen kann. Sollte es so kommen, gilt es im Geist der Fußwaschung innerhalb der Pfarre und mit anderen Pfarren nach Lösungen zu suchen, wie wir die Pastoral neu regeln und aufstellen wollen.
Ein letztes Thema, auf das ich eingehen will, bezieht sich auf die Lesung. Beim letzten Abendmahl greift Jesus auf Jeremia zurück und spricht vom „Neuen Bund“. Beim Gedanken des Bundes dürfen wir an eine Hochzeit denken. Wie zwei Menschen Hochzeit feiern und sich an- und miteinander freuen, so ist jeweils der Bundesschluss eine Hochzeit, die Freude an- und miteinander, die Freude Gottes am Menschen und umgekehrt und die tiefe Sehnsucht einander treu zu sein. Israel hat die verschiedenen Bünde Gottes mit seinem Volk immer wieder gebrochen. Jeremia kündigt den neuen Bund an. Es handelt sich inhaltlich um eine Zusage, um eine neue Verheißung, die lautet: „…ich lege meine Weisung in ihr Inneres und auf ihr Herz schreibe ich sie; … nicht mehr wird Einer den Anderen belehren …, sondern sie alle werden mich kennen …, denn ich vergebe ihren Frevel, und ihrer Sünde gedenke ich nicht mehr.“ Dieses einmalige Versprechen Gottes zeigt, wie er sich, trotz der menschlichen Verfehlungen und Untreue, über das Bisherige hinaus noch mehr schenkt. Er ist versöhnlich, reparierend, vorsorgend, sich innerlich jedem mitteilend. Eine in der Tragweite noch kaum erfasste Folge dieses „Neuen Bundes“ ist, dass es keiner religiösen Belehrung mehr bedarf, sondern Alle, jede und jeder, innig und persönlich mit Gott verbunden sind und völlig mit seinem Wollen und seiner Ausrichtung übereinstimmen. Dieser „Neue Bund“, den Jesus anspricht, grenzt uns nicht vom Judentum ab, sondern verbindet uns Christen zutiefst mit ihm.
Es gilt den Inhalt dieses „Neuen Bundes“ etwas vertieft wirken zu lassen, bzw. mit anderen Worten formuliert: Es braucht nicht dieses Gotteshaus; es bedarf nicht meiner Worte (Predigt), noch sonstiger Impulse von außen; Gott selber ist längst in Ihnen (Dir) lebendig, liebt und führt Sie (Dich), weit besser als dies jemand Anderer oder Andere tun kann. Und das gilt jedem Menschen – auch den Fremden und jenen, die wir Gott-fern bezeichnen: Es ist der „NEUE BUND“, den wir heute feiern.
Ein Kommentar zu “Wenn der Meister selbst die Füße seiner Freunde wäscht 1. Lesung: Ex 12,1-8,11-14 | 2. Lesung: Kor 11,23-26 | Evangelium: Joh 13,1-15”
Spannend was hier wieder einmal in der Leseordnung weggelassen wird (Joh 13, 15-20): „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe. Amen, amen, ich sage euch: Der Sklave ist nicht größer als sein Herr und der Abgesandte ist nicht größer als der, der ihn gesandt hat. Wenn ihr das wisst – selig seid ihr, wenn ihr danach handelt. Ich sage das nicht von euch allen. Ich weiß wohl, welche ich erwählt habe, aber das Schriftwort muss sich erfüllen: Der mein Brot isst, hat seine Ferse gegen mich erhoben. Ich sage es euch schon jetzt, ehe es geschieht, damit ihr, wenn es geschehen ist, glaubt: Ich bin es. Amen, amen, ich sage euch: Wer einen aufnimmt, den ich senden werde, nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat.“ Jesus praktiziert die Fußwaschung um seinen Freunden ein Beispiel zu geben. Er möchte ihnen etwas vorleben. Dann formuliert er den Auftrag an seine Wahl-Familie: handelt und zwar wie ich an euch gehandelt habe. Selig kann diejenige werden, die so handelt. Später wird dann die Sendung erfolgen. Hier kann man gut nachvollziehen, woher der Auftrag für die Hauptamtlichen der Katholischen Kirche in Dornbirn kommt: Befähigen und Ermächtigen. Auch Jesus wusste, dass er loslassen muss.