Hingebende Liebe 1. Lesung: Apg 10,25-26.34-35.44-48|2. Lesung: 1 Joh 4,7-10; |Evangelium: Joh 15,9-17
Unser Evangelium knüpft unmittelbar an das Evangelium vom vergangenen Sonntag an mit dem Bildwort vom Weinstock an. Jesus sagt: Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater ist der Winzer. Ihr seid die Reben (Joh 15,1.3.5). Der Vater ist der Winzer, der die Reben reinigt. Mit „Reinigen“ ist der Sommerschnitt gemeint, in dem die Reben von jenen Trieben und Blüten befreit werden, die das Fruchtbringen verhindern beziehungsweise minimieren würden.
Im Bildwort identifiziert Jesus – nochmals – den Vater als den Winzer. Er ist es, der die Reben reinigt. Anders gesagt: Es ist nicht meine Aufgabe, „am Zeug der anderen zu flicken“, die anderen nach meiner Fasson zurecht zu stutzen oder gar meine Lebensweise anderen aufzuzwingen. Wenn wir in das nähere Umfeld der Bibelstelle schauen, dann hören wir von Jesus: Ihr seid schon rein durch das Wort. Das biblische Wort ist das „Winzermesser“ oder die „Winzerschere“.
Für Christen gibt es deshalb keinen Gottesdienst ohne Wort Gottes. Das gemeinsame Hören, Bedenken, Diskutieren und der Versuch aus den Erkenntnissen des Wortes zu leben, dient diesem Reinigen und Frucht bringen. Das Wort Gottes will weder den Einzelnen klein halten noch eine willfährige Gemeinschaft hervorbringen, sondern Anliegen ist die Fruchtbarkeit zu fördern und dass die Freude vollkommen wird.
Ein Weiteres ist zu bedenken: Es ist ein Abschnitt aus der Abschiedsrede Jesu. Die Atmosphäre ist aufs Äußerste angespannt. Der Rede geht voraus, dass Jesus den Verrat des Judas aufdeckte und dieser den Saal verlassen hatte. Dem Petrus wurde von Jesus die Verleugnung vorausgesagt. Die Anwesenden ahnen die sich zuspitzende Situation. Wir können davon ausgehen, dass sie unfähig sind, die Bedeutung der Worte Jesu unmittelbar zu erfassen. Vieles mag eher befremdlich auf sie gewirkt haben, wie z.B.: Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe. Oder: Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird. Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.
Nach der Katastrophe des Karfreitages sind die Jüngerinnen und Jünger wieder im Saal versammelt. Da erinnern sie sich dieser Worte und in ihnen beginnen sie Halt zu finden; finden sie auch wieder zueinander, finden sie neu in den Glauben, letztlich den Glauben an die Auferstehung. Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt.
Was Jesus in der Abschiedsrede vermittelt und den Jüngerinnen und Jüngern mitgibt: Ich halte an euch fest. Ihr seid die Reben am Weinstock. Ihr seid und bleibt meine Freunde. Feigheit, Verrat und Verleumdung werden Spuren hinterlassen – sichtbare Wunden, aber sie sind nicht letztbestimmend, sondern das Gebot: Bleibt in der Liebe, wie ich in der Liebe bleibe.
Das Wort Liebe ist im Deutschen missverständlich, weil so vieles mitschwingt. Das Griechische unterscheidet drei Begriffe: Eros – ich will sie die leidenschaftliche Liebe nennen; Sexus – die körperliche Liebe; und: Agape – die hingebende Liebe. Johannes verwendet Agape. Bleibt in der Agape. Es geht nicht um hohe Gefühle oder Leidenschaft, sondern um diese hingebende Liebe, wie sie eine Mutter oder ein Vater Kindern gegenüber aufbringen, oder: Pflegekräfte gegenüber Patienten, oder: Arbeitende, die mit Verantwortung und Können ihre Aufgaben möglichst gut und verantwortungsvoll erfüllen. Agape – es ist das Füreinander sorgen, einstehen, einander Halt sein und geben. Das Gegenteil wäre: hängenlassen oder gar jemanden kaputt machen.
Wir begehen heute den Muttertag. Es gilt ein großes Danke allen Müttern und mütterlichen Menschen zu sagen, die viel Liebe im Sinne der Agape leben. Ich sage bewusst auch mütterliche Menschen, weil es nicht allen geschenkt ist, Mutter zu sein und die doch viel Leben in die Gemeinschaft einbringen oder eingebracht haben.
Wir begehen den Muttertag inmitten der Diskussionen um Gewalt an Frauen. Wir wissen, dass die Gewalt nicht erst beim Mord beginnt. Ich begrüße es, dass dieses Thema diskutiert wird. Ich wünsche mir, dass Christinnen und Christen diese Diskussion im Geiste der Abschiedsrede Jesu führen, sich einbringen, gut zuhören, die Wunden sehen können und sie ernst nehmen, und: lernbereit bleiben. Gewalt – vor allem die subtile Gewalt – zerstört viel Menschliches. Das Wort Gottes vermag zu reinigen.
Mit einem Segen für die Mütter und mütterlichen Menschen möchte ich schließen:
Gott segne die Mütter und mütterlichen Menschen.
Erfülle sie mit Freude und Dankbarkeit.
Deine Kraft begleite das tägliche Mühen und Sorgen.
Deine Weisheit weise den Weg im Loslassen.
Deine Liebe umgebe alle Konflikte und Erfahrungen von Dunkelheit.
Dein Schutz stehe über ihnen, ihren Beziehungen, ihren Familien und allem werdenden und wachsenden Leben.
Amen.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus der Apostelgeschichte anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem ersten Johannesbrief anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Johannes anhören möchten:
2 Kommentare zu “Hingebende Liebe 1. Lesung: Apg 10,25-26.34-35.44-48|2. Lesung: 1 Joh 4,7-10; |Evangelium: Joh 15,9-17”
Lieber Pfarrer Baldauf, als Mutter danke ich Ihnen für Ihre wertschätzenden Segensworte.
Zudem berühren Sie sensibel eine vernachlässigte und äusserst aktuelle Frage, warum immer wieder so viel Diskriminierung und Gewalt möglich ist, und was auch schon von Papst Franziskus erkannt und angesprochen wurde.
Weiter würde ich unter die „mütterlichen Menschen“ erfahrungsgemäß auch Männer zählen, die wie die Psychologen sagen, „animus und anima“ harmonisch ergänzend in sich vereinen oder die handeln wie Gott bei Jesaja 66:13 es ausdrückt: „Wie eine Mutter ihren Sohn tröstet, so tröste ich euch.“ Auch Paulus schreibt im 2. Korintherbrief:“ Gepriesen sei….. der Vater (Mutter!?) des Erbarmens und Gott allen Trostes….“
So einen Gott hat Jesus uns vorgelebt und unsere gequälte Menschheit und Schöpfung braucht so einen Gott und dem entsprechende „Hirten“, damit auch Frauen und Kindern die „vollkommene Freude“ ermöglicht wird.
Lieber erich vielen Dank dafür das Du uns gott als den liebenden verzeihenden Vater vermittelst. Daß du das Wort Gottes in die Mitte stellst. Mir fällt das Lied ein wo es heißt…Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht, es hat Hoffnung und Zukunft gebracht, es gibt Trost es gibt halt in Bedrängnis Not und Ängsten ist wie ein Stern in der Dunkelheit…im Herzen berührt von Gottes Wort dürfen wir uns auf den Weg machen nicht ängstlich sondern mutig und voller Zuversicht. Danke und einen