Machtwechsel 1. Lesung: Apg 1,1-11| 2. Lesung: Eph 4,1-13 |Evangelium: Mk 16,15-20
Viele unserer kirchlichen Feste haben Ursprünge in antiken Feiern. Diese Hintergründe tragen zur Kraft und Plausibilität der Feste bei. Christi Himmelfahrt greift zwei solcher Themen auf:
Das erste: Das antike Weltbild kannte drei Stockwerke. Unten auf der Erde leben wir Menschen. Ganz oben ist der Himmel, der Raum Gottes. Dazwischen gibt es die unsichtbaren Mächte und Gewalten, Dämonen und böse Geister. Sie bestimmen das Schicksal der Menschen. Sie bilden eine Barriere und versperren den Weg zu Gott. Diese Vorstellung nimmt die Lesung – aus dem Epheserbrief – auf, wenn sie auf ihre Weise über die Himmelfahrt Christi redet: Gott hat Christus „im Himmel auf den Platz zu seiner Rechten erhoben, hoch über alle Fürsten und Gewalten, Mächte und Herrschaften“ (Eph 1,20f). Der Gekreuzigte und Auferstandene steht nicht mehr unter, den die Menschen unterdrückenden Mächten und Gewalten, sondern er steht über ihnen. Er beherrscht sie. Er hat sie besiegt.
Entscheidend ist auf diesem Hintergrund nicht der „Ortwechsel“ – von der Erde zum Himmel –, sondern der „Machtwechsel“. Jesus der Gekreuzigte, steht als Auferstandener über allen Mächten. Er hat den Platz zur Rechten Gottes – auf gleicher Ebene. Er ist am Ende nicht Opfer, sondern Sieger. Christi Himmelfahrt ist damit die Feier, dass die dunklen Mächte und Gewalten besiegt sind. Sie haben die Macht über den Menschen verloren.
Diese Vorstellung wird unterstützt durch ein zweites Thema aus dem politischen Leben der Antike: Wenn die römische Armee einen Sieg landete, wurde ein Triumphzug veranstaltet. Der siegreiche Feldherr kam in die Stadt Rom zurück. Er konnte auf seinem Rückweg gefahrlos das Feindesland durchqueren. Hinter dem triumphalen Sieger zogen die Gefangenen und vor ihm die Befreiten. Der Feldherr wurde vom Kaiser empfangen und nahm an dessen Seite Platz unter dem Jubel des Volkes. Ohne es ausdrücklich anzusprechen, könnte für die biblischen Autoren ein solch römischer Triumphzug im Hintergrund ihrer Botschaft gestanden haben, nämlich der Triumphzug des Titus nach dem jüdischen Aufstand 70 n.Chr.
Jesus kehrt triumphal in den Himmel zurück, er kann gefahrlos das Feindesland der Mächte und Gewalten durchqueren, denn er hat sie besiegt und führt sie als Gefangene mit sich. Ihm voraus gehen die Befreiten, die er aus den Gräbern in das himmlische Leben holt, und all das geschieht öffentlich vor den Augen der Jünger.
Diese Vorstellungen beeinflussen unser Fest Christi Himmelfahrt: Es ist erstens ein „Machtwechsel“ und zweitens eine öffentliche Demonstration dieses Machtwechsels als Triumph. Jeder soll es sehen, jeder soll es wissen: Gott hat durch Jesus die Mächte und Gewalten besiegt. Es ist eine Antwort auf die Frage: Von wem sind wir letztlich bestimmt? Vor wem müssen wir uns fürchten bzw. auf wen dürfen wir uns freuen? Allen Mächten und Kräften, allem Widerwärtigen und allen Anfeindungen zum Trotz können wir dem Auferstandenen trauen. Er trägt den Sieg davon. Das antike Weltbild mag vermeintlich ausgedient haben und passé sein, aber sind wir die dunklen Kräfte und Mächte los, die den Menschen zu schaffen machen, bzw. vor denen sie Angst haben? Kräfte und Mächte, die sich plötzlich als Barrieren zwischen den Menschen stellen? Oder anders gesagt: Es werden unterschiedlichste Methoden und Praktiken entwickelt, um der schlechten Energie und den Unheilsmächten Herr werden zu wollen.
Auch die Pandemie bringt unterschiedlichste Theorien vom Wirken dunkler Machenschaften und Mächten zu Tage. Der Fortschritt, einst ein Hoffnungswort, erweist sich mehr und mehr als bedrohlich: Klimawandel, brennende Urwälder, sterbende Meere, der Kampf um Ressourcen und die damit verbundene Aufrüstung als Folge, sind Kräfte und Mächte, die uns zu entgleiten drohen. Der antike Mensch versuchte mit bösen Geistern und Dämonen die Dinge zu erklären. Wir würden das nicht mehr teilen, aber das Konfrontiert-Sein mit dunklen Kräften und Mächten bleibt.
Hören wir nochmals Markus im Originalton: „Und durch die, die zum Glauben gekommen sind, werden folgende Zeichen geschehen: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben; sie werden in neuen Sprachen reden; wenn sie Schlangen anfassen oder tödliches Gift trinken, wird es ihnen nicht schaden; und die Kranken, denen sie die Hände auflegen, werden gesundwerden“.
Christi Himmelfahrt – ein Fest, das uns in Erinnerung ruft, nicht den dunklen Mächten und Gewalten bleibt der Triumphzug, sondern dem Auferstandenen. Schaut auf ihn!
Und: Es ist das in der Liebe bleiben und das Ringen um Recht und Gerechtigkeit, das die größte Kraft gegen dunkle Mächte und Machenschaften hat.