Orte der Offenbarung 1. Lesung: Ex 3,1-8a | 2. Lesung: 1 Kor 10,1-6.10-12| Evangelium: Lk 13,1-9
Die Erzählung vom sogenannten „brennenden Dornbusch“ ist dicht. Es ist ein biblisch zentraler Text, der nie völlig ausgelotet werden kann. Es ist nicht mehr als ein Herantasten, was er Glaubenden zu sagen hat.
Ein erster Gedanke: Gott ist vertraut mit der Not eines Menschen, vertraut mit der Not eines Volkes. Im Originaltext heißt es sogar, dass Gott der Notschrei Israels an die Nieren gegangen ist. Dieser Hilferuf des Volkes hat Gott bewogen, Moses zu rufen, um das Volk aus Ägypten, aus Knechtschaft und Fron wegzuführen in das Land der Freiheit, in dem Milch und Honig fließen.
Es gibt viele Kirchen, in denen in irgendeiner Form das Auge Gottes dargestellt ist. Es gab Zeiten, da hat man Menschen mit der Bemerkung Angst gemacht. Gott sieht alles. Er sieht alle deine Vergehen, gerade auch die im Verborgenen geschehenen.
Dieses Auge erinnert uns aber vielmehr an diese Szene mit Moses, dem Gott sagt: Ich habe den Schrei des Volkes gehört. Ich bin vertraut mit der Not des Volks, mit der Unterdrückung, mit dem Unrecht. Ich habe es gesehen, was ihm angetan wird.
Die Not eines Menschen, die Not eines Volkes – gleich welcher Religion, Rasse, Kultur oder anderen Unterschiedes – hat Gott als Adressaten. Es lässt ihn nicht kalt. Er hört und sieht – zuinnerst. Er erhört und reagiert. Er führt heraus aus Knechtschaft und Unterdrückung. Er tut es mit Mose, er tut es mit Menschen. Ihnen gibt er den Stab in die Hand.
Wir wissen, dass es heute in unserer Gesellschaft viel verdeckte Not gibt. Dazu trägt auch das Gesprächsklima bei, wie über sie geredet wird, manchmal sogar selbst von der Politik von oben herab und dazu noch zynisch. Sie seien Sozialschmarotzer oder würden in der sozialen Hängematte hängen. Es mag unter diesen solche geben, aber für viele ist es kränkend, verletzend und bar jeden würdevollen Umgangs. Für Franz v. Assisi war es beschämend, wenn ihm ein ärmerer Mensch begegnete als er selbst war.
Eine christliche Gemeinde ist heute gerufen im Geist Gottes wachsam zu sein. Ich denke, dass es in Zukunft notwendig sein wird, ein neues Sensorium für Menschen in ihren Nöten zu entwickeln. Eine Atmosphäre zu schaffen, in denen sich Menschen angenommen und aufgehoben wissen und nicht beschämt. Es ist die weit wichtiger Aufgabe, Menschen aus ihren Nöten herauszuführen, als sich zu große Sorgen um die Zukunft einer Gemeinde, einer Pfarre zu machen.
Ein zweiter Gedanke: Der Herr kündet Mose an, dass er sein Volk in ein Land führen wird, indem Milch und Honig fließen. Israel ist dann vierzig Jahre unterwegs und kommt zunächst in das Land Kanaan. Auch Abram zog von seinem Heimatland weg und kam zunächst ebenso nach Kanaan. Kanaan heißt zu Deutsch: Land der Unterdrückung, Land der Demütigung.
Es erinnert mich an das Migrantenschicksal vieler. Menschen verlassen ihre Heimat in der Hoffnung auf „gelobtes Land“. Viele kamen und kommen an in „Kanaan“ – in einem Land der Demütigung und Unterdrückung, ob es ehemals die Italiener, die Südtiroler, die Zuwanderer aus Kärnten oder der Steiermark, aus Exjugoslawien, der Türkei oder jetzt aus Ländern Afrikas bzw. Asiens waren oder sind. Gott plant gelobtes Land, ein Land in dem Milch und Honig fließen für alle.
In der Bibel sind gelobtes Land und Kanaan oft ident, d.h. im selben Land. Gelobtes Land wird, wenn die Lebenschancen gerecht verteilt werden, wenn jede und jeder in Würde leben kann, wenn das Herr-Knecht-Denken überwunden wird, wenn Menschen einander spüren lassen, es ist gut, dass du da bist.
Ein dritter Gedanke: Gott gibt Mose seinen Namen bekannt, den keine Übersetzung voll trifft: „Ich bin, der ich bin“, „Ich bin, der ich da bin“, „Ich bin der Seiende“, „Ich bin, der für dich da ist“. Vielleicht müssen wir sagen, wir können von Gott nicht viel mehr sagen, als: Er ist. Ich bin.
Er sagt allerdings ergänzend zu Mose: Sag den Israeliten: Der Herr, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Aus diesen Geschichten der Väter können wir das Wesen Gottes kennen lernen: sein Mitgehen in die Fremde und Ungewissheit, seine Treue zu den Verheißungen bei Abraham, seine Geduld mit dem menschlichen Versagen wie bei Abraham und Jakob, sein Festhalten an Menschen trotz der Listigkeit eines Jakob.
Wenn wir davon hören, dass sich Gottes Spuren in den Urväter- und Urmüttererzählungen lesen lassen, dann gilt auch für uns heute, dass Gottes Spuren in deiner (meiner) Familiengeschichte, bei deinen (meinen) Urvätern und Urmüttern zu finden sind. Gott ist immer schon dabei, mit deiner (meiner) Familie seine Geschichte zu schreiben. Du musst Gott nicht in außergewöhnlichen Dingen wie Erscheinungen, Prophezeiungen oder Katastrophen suchen, sondern in deiner Familiengeschichte. Es ist der Ort seiner Offenbarung und mögen Brüche, Zerwürfnisse, Streit u.a. dabei sein, es tut dem Faktum keinen Abbruch. Unseliges und Unheiliges zeichnen auch diese Urväter und Urmüttererzählungen aus.
Es sind spannende Diskussionen, wenn miteinander in einer Familie oder Sippe diese Spuren gesucht, bzw. diskutiert werden. Mit diesem Auftrag ist Mose zum Volk gekommen. Lernt seine Spuren in eurer Geschichte lesen. Es ist auch deshalb spannend, weil vermutlich jede Person, seine Spuren anders erfährt und anders beschreibt. Wo entdecken wir seine Geduld, sein Festhalten an uns, seine Dasein in den Brüchen, … Wenn wir seine Spuren suchen, dürfen wir auch jene Erfahrungen nicht auslassen, wo uns seine Abwesenheit, sein Fremdsein, sein Schweigen getroffen hat.
Gott ist da. Er geht mit – auch heute. Er ist da, weil er zu jeder Zeit die Menschen in das gelobte Land führen will. Er will es frei von Zwängen, Zerstörung, Ausgrenzung, Kälte und Hass. Sein Geist gräbt heute den Boden um, nicht zuletzt den Boden der Kirche, der Pfarreien. Wir dürfen davon ausgehen auch durch solche Ereignisse wie den Priestermangel, durch das Aufdecken des Missbrauchs in der Vergangenheit. Er ist da und wirkt:heilsam!
Ein Kommentar zu “Orte der Offenbarung 1. Lesung: Ex 3,1-8a | 2. Lesung: 1 Kor 10,1-6.10-12| Evangelium: Lk 13,1-9”
Eine wirklich wertvoll ansprechende Inspiration: DANKE!! Christian