
Recht und Gerechtigkeit 1.Lesung: Jer 17,5-8| 2.Lesung: 1 Kor 15,12.16-20| Evangelium: Lk 6,17.20-26
Der erste Psalm stellt den Menschen vor die Entscheidung mit Gott, mit dem Vertrauen auf ihn und seine Weisungen durch das Leben zu gehen; ein solcher Mensch ist wie ein Baum, gepflanzt an Bächen voll Wasser, der zur rechten Zeit Frucht bringt. Oder: Eben ohne Gott als Frevler, ohne ihn zu suchen auf dem Weg zu sein. Ein solcher Mensch ist wie Spreu, die der Wind verweht. Sie haben keinen Bestand.
Jeremia greift in der heutigen Lesung auf die Haltungen dieses ersten Psalms zurück. Wir hörten seine Worte: Verflucht der Mensch, der auf Menschen vertraut, auf schwaches Fleisch sich stützt und dessen Herz sich abwendet vom Herrn. Er ist wie ein Strauch in der Steppe, der nie Regen kommen sieht, er wohnt auf heißen Wüstenboden, im Salzland, das unbewohnbar ist.
Solche Menschen, die meinten, mit ihrer Stärke alles regeln zu können und zu wollen, sind nie zufrieden, nörgeln herum, verbreiten miese Stimmung und vermissen jede Lebensfreude.
Dagegen: Gesegnet der Mensch, der auf den Herrn vertraut und dessen Hoffnung der Herr ist. Er ist wie ein Baum, der am Wasser gepflanzt ist und zum Bach seine Wurzeln ausstreckt: Er hat nichts zu fürchten, wenn Hitze kommt; seine Blätter bleiben grün; auch in einem trockenen Jahr ist er ohne Sorge.
Es sind Menschen, die dankbar, freundlich sind, trotz Herausforderungen heiter lachen können, Antworten auf Probleme finden, Zeit haben und Dinge einfach auch gerade sein lassen können.
Verflucht der Mensch, der sich abwendet vom Herrn. Was steckt hinter dieser Aussage? Zunächst das Abwenden vom Herrn: Gott steht für Recht und Gerechtigkeit und die Würde des Menschen. Glauben an den lebendigen Gott zeigt sich in der Achtung von Recht und Gerechtigkeit, in der Sorge, dass den Mitmenschen Recht und Gerechtigkeit zukommt und ihre Würde gewahrt wird. Wer das Recht, die Gerechtigkeit und die Würde von Menschen missachtet, wird in der biblischen Sprache zum Frevler, zum Gottfernen.
Was meint verflucht sein? In der sogenannten Sündenfallerzählung und beim Brudermord – Kain und Abel – haben jeweils der Fluch zur Folge, dass das Leben, die Beziehungen, die Arbeit mühsam und beschwerlich werden, dass Leiden, Schmerzen, Entfremdung und Unruhe wachsen. Es geht nicht ums Töten oder Vernichten, sondern der paradiesische Zustand geht verloren.
Der Kardinal von Wien Christoph Schönborn hält fest: Die Welt verläuft immer in der Spannung dieser beiden Pole: Vertrauen, Rechtstaatlichkeit und Achtung der Würde auf der einen Seite und auf der anderen Seite, Misstrauen, Willkür und Verachtung von Gruppen. Das Vertrauen und die Rechtstaatlichkeit beruhen auf Verträgen, die weite Teile des Lebens regeln. Sie werden, wie man sagt, auf Treu und Glauben abgeschlossen. Sie sind im gegenseitigen Vertrauen verfasst. Beide Seiten haben sich auf den Inhalt geeinigt. Sie müssen deshalb von beiden Seiten gewissenhaft eingehalten werden. Das gilt für alle Verträge, wie: Mietverträge, im Handel, in der Wirtschaft, Eheverträge und auch zwischenstaatlichen Vereinbarungen.
Verträge können natürlich verändert werden. Dann müssen sie aber neu verhandelt werden. Recht und Gerechtigkeit und der Rechtsstaat leben davon, dass Verträge gelten.
Das Gegenteil davon ist Willkür: Der Mächtige diktiert seinen Willen, egal was vertraglich vereinbart ist. Solche Willkür erzeugt Angst und Misstrauen, sie untergräbt das gegenseitige Vertrauen. Es ist auf nichts mehr Verlass.
Zu Recht und Gerechtigkeit in der Politik gehört, dass es gerade ihre Aufgabe ist, für die Achtung der Würde von Schwächeren, Armen und Hilfsbedürftigen zu sorgen. Parolen wie: „Amerika first“, „Festung Europa“, „Festung Österreich“ u.ä. sind keine tauglichen Mittel der Würde von schutzbedürftigen Menschen gerecht zu werden. Sie spalten, produzieren Ängste und Neid, sind gepflasterte Wege aus dem Paradies hinaus.
Lukas ist jener Evangelist, der in besonderer Weise, in verschiedenen Zusammenhängen für die Würde der Armen eintritt. Er zeichnet Jesus als einen, der gekommen ist, den Armen eine frohe Botschaft zu bringen (Vgl. Lk 4,16ff). Zu beachten ist: Er preist die Armen selig, nicht die Armut.
Es ist eine bleibende Aufgabe an der Gerechtigkeit und für die Gerechtigkeit im Land zu arbeiten, Vereinbarungen zu treffen, Verträge abzuschließen. Es ist dies auch nicht die Aufgabe der Politik allein. Es ist unser aller Aufgabe. Der Weg für uns ist – wir feiern es Sonntag für Sonntag – das dankbare Teilen. Es hat mit dem Glauben an Gott zu tun, dass wir nicht jeden Besitz rechtfertigen können.
Das Teilen ist eine Herzenssache und steht in Verbindung mit dem Vertrauen auf den Herrn. Sie, die Teilenden sind Bäume, die am Wasser gepflanzt sind. Ihre Blätter bleiben grün auch in einem trockenen Jahr.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Jeremía anhören möchten:
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Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korínth anhören möchten:
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Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Lukas anhören möchten:
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In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.
2 Kommentare zu “Recht und Gerechtigkeit 1.Lesung: Jer 17,5-8| 2.Lesung: 1 Kor 15,12.16-20| Evangelium: Lk 6,17.20-26”
Sehr gut beschrieben!
Warum Vergebung eine Erleichterung bewirkt?
Vor ca. 10 Jahren hat mich mein damaliger Vorgesetzter gefragt, ob ich auf einige Bewertungspunkte bezüglich meiner Beurteilung verzichten möchte, das wäre das Aus einer weiteren Beförderung für mich gewesen. Ich fand es sehr seltsam, da ausgerechnet er unbedingt nochmal vor seiner Pensionierung befördert werden wollte. Ich wollte damals nicht kämpfen, weil ich durch eine
chronische Krankheit sehr geschwächt war. Ich habe für damals für eine vorzeitige Pensionierung -aufgrund meiner Schwerbehinderung- entschieden.
Auch diesen Antrag wollte mir der damalige Vorgesetzte ausreden, weil sonst sein Nachfolger denken würde, ich hätte wegen ihm, diese Entscheidung gewählt. Der Nachfolger wollte mich nicht in seinem Sachgebiet -lt. des Vorgängers-. Ich lies mich nicht beirren und blieb bei meinem Vorhaben.
Mein Körper und meine Seele haben es mir gedankt. Ich konnte Vergeben und vertraute auf Gott.
Gesegnete Grüße