Chancen und Möglichkeiten nutzen 1. Lesung: Weish 6,12-16| 2. Lesung: 1 Thess 4,13-18| Evangelium: Mt 25,1-13
Zur Zeit Jesu und in den arabischen Ländern auch noch heute ist eine Hochzeit eine besondere Festlichkeit. Das ganze Dorf ist auf den Beinen. Es ist ein großes Fest und eigentlich ist jeder und jede auf die ein oder andere Weise eingeladen, dennoch gehören nicht alle zum engen Kreis der Feiergemeinde.
Insbesondere für junge unverheiratete Frauen war so ein Fest der ideale Ort, junge Männer in den Blick nehmen zu können. Damals war es selbstverständlich noch üblich, dass die Eltern die Partner zusammengeführt haben. Manche Mutter und mancher Vater waren aber schon damals aufgeschlossen für den Fingerzeig der Kinder. Bei den zehn beschriebenen Jungfrauen handelte es sich also nicht um Frauen, die sich in die Hängematte legen und die Partnersuche den Eltern überlassen wollten. Sie wollten den Spielraum zumindest nutzen, den sie verspürten. Sie wollen etwas von ihrem Leben. So es ihnen die Rahmenbedingungen ermöglichen, wollen sie sich selbst darum kümmern und bemühen. Um Chancen nützen zu können, muss man selbst bereit sein, da kann man nichts delegieren. Chancen und Möglichkeiten kann man nicht herbeireden. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, muss man wachsam sein.
Was bedeutet nun aber, wachsam sein? Laut Wörterbuch meint es, nicht zu schlafen; aufzupassen; munter, aufmerksam und achtsam sein; sich bewegen. Wache zu halten, wie die Schafhirten auf den Feldern Bethlehems die Wache bei den Schafen hielten. Sie waren umsichtig und so wach, dass sie alles wahrnahmen, was um sie herum passierte und nur auf Grund dieser Haltung das kleine und unscheinbare Baby als den Retter finden und erkennen konnten. Wachsam sein bedeutet also nicht nur schlichte Präsenz, sondern vorbereitet und nicht naiv zu sein, selbstverantwortlich und risikobewusst. Wachsamkeit, könnte man heute auch als Resilienz (Widerstandskraft) beschreiben.
Den klugen und wachsamen Jungfrauen stehen törichte gegenüber. Das Wort töricht meint laut Wörterbuch, ein einfältiger Mensch zu sein; ein Narr; umnebelt, verwirrt, unbesonnen und unvernünftig; ja sogar Dummheit und Irrsinn; vernunftwidrig; ohne Sinn und Verstand.
Neben den unterschiedlichen Jungfrauen wird uns auch ein etwas eigentümlicher Bräutigam geschildert, der offensichtlich seine Braut warten lässt, weil er entweder für die Hochzeit kein genaues Datum vereinbart hat oder einfach zu spät kommt. Auch eine unchristliche Handlung wird geschildert: es wird nicht geteilt. Eigentlich müsste geteilt werden – warum teilen die fünf klugen Jungfrauen nicht? Warum führt ihr Handeln zum Erfolg? Das darf doch eigentlich nicht sein! Jesus will uns keine Hochzeitsgeschichte erzählen, sondern im Sinne eines Gleichnisses beschreiben, was er unter Nachfolge und Teilnahme an seiner Botschaft versteht.
Menschen warten auf Heil und Erlösung. Da reicht es nicht, sich in die soziale Hängematte zu legen und einfach abzuwarten. Es bedarf der Eigeninitiative, der Erkenntnis, dass man aufbrechen muss, dass Veränderung nicht möglich sein wird, wenn ich zu Hause herumsitze und auf bessere Zeiten warte. Es bedeutet sich aufzumachen und ein Ziel in den Blick zu nehmen. Das birgt viel Ungewissheit, weil ich keine konkrete Vorstellung von Zukunft haben kann. Es ist ein Wagnis. Mit dem Aufbruch allein ist es aber auch noch nicht getan. Es geht darum wachsam im Leben zu sein, Chancen zu ergreifen, Möglichkeiten zu erkennen; umsichtig zu sein, weil ich nicht weiß, wann genau sich Türen und Tore öffnen werden. Es gilt, zur rechten Zeit am richtigen Ort zu sein.
Man darf die Planung nicht aus der Hand geben, man muss HerrIn des eigenen Lebens sein und selbstverantwortlich. Klug zu sein bedeutet auch, mit logischem Denkvermögen an die Dinge heranzugehen, Lebenserfahrung einzubringen, vernünftig und sinnvoll, geschickt und diplomatisch vorzugehen. Beim Evangelisten Lukas findet Jesus die Worte: “Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe; seid daher klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben!“ (Lk 10,3).
Auf den ersten Blick mag uns das heutige Gleichnis als eine Erzählung aus vergangenen Zeiten erscheinen und dennoch kann es uns gerade heute Mut zusprechen. Um uns herum scheint die Welt aus den Angeln gehoben zu werden. Krieg, Leid und Not – egal in welche Himmelsrichtung man blickt. Unsere alte Weltordnung bricht zusammen und wir wissen nicht, was danach wie Phönix aus der Asche steigen wird.
Das heutige Evangelium lädt zur Besinnung ein und stellt Fragen an uns: Will ich einfach abwarten, was kommt? Will ich einfach hinnehmen, was geschieht? Will und kann ich mich vorbereiten und wenn ja, wie? Was bedeutet es heute, achtsam zu sein?
Töricht zu sein meint auch, von jemandem betört, bezaubert zu sein und auch jene Verliebtheit, die blind macht – es sind die Angebote der einfachen Lösungen und Antworten und jener, die Feindbilder schaffen, um vom Eigentlichen abzulenken. Der Bräutigam – der Messias, der Retter – will nicht betören, will keine Liebe, die blind macht und in Selbstgefälligkeit mündet. Er öffnet seine Tür für Menschen, die bereit sind, mutig und aufgeschlossen Verantwortung zu übernehmen und Einsatz zu bringen. Wir meinten lange Zeit, uns mit Geld absichern zu können. Nun spüren wir, dass Freiheit, Friede und Leben nicht käuflich sind. Terroristen sind in Israel in Wohnungen, in Heimat eingedrungen und haben Kinder und alte Menschen niedergemetzelt und damit Grundvertrauen von Menschen zunichte gemacht.
„Mitten in der Nacht aber erscholl der Ruf“. Auch wenn wir derzeit das Gefühl haben, in ausweglosen Situationen zu stecken, gilt es wachsam zu sein, um die Chancen und Möglichkeiten auch in dieser Situation nicht zu übersehen. Den Weltfrieden können wir nicht allein herbeiführen, aber wir können den Frieden in unserem Umfeld erhalten, in unserer Nachbarschaft, mit unseren migrantischen KollegInnen den Dialog und den Diskurs pflegen, im Gespräch bleiben. Wir können das Öl vorbereiten, um beim Ruf zum Aufbruch und zur Mitgestaltung von Zukunft bereit zu sein. „Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde“.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch der Weisheit anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Thessalónich anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus anhören möchten:
Ein Kommentar zu “Chancen und Möglichkeiten nutzen 1. Lesung: Weish 6,12-16| 2. Lesung: 1 Thess 4,13-18| Evangelium: Mt 25,1-13”
Lieber Erich!
Darf ich dieses Zitate aus Deiner Predigt voranstellen: “Das heutige Evangelium lädt zur Besinnung ein und stellt Fragen an uns: Will ich einfach abwarten, was kommt? Will ich einfach hinnehmen, was geschieht? Will und kann ich mich vorbereiten und wenn ja, wie? Was bedeutet es heute, achtsam zu sein?” – Die Spuren zu einer guten Antwort legt der Bischof im Windschatten von Papst Franziskus – ihre WORTE und Appelle – bewegen nichts (sagen die einen?) sind einzig dazu gut, dass viele ins HANDELN kommen: “… unser Lebensstil des ,Immer-Mehr‘ (ist) an seine Grenze gekommen ist. Noch weiter können wir nicht gehen. Wenn man an einer Grenze steht, steht man an und man muss umkehren. In dieser Situation sind wird jetzt“ schreibt der Bischof.