Altes und Neues 1. Lesung: 1 Kön 3,5.7-12| 2. Lesung: Röm 8,28-30| Evangelium: Mt 13,44-52
Im heutigen Evangelium versucht uns Jesus mit Beispielen einzuladen, Prioritäten im Leben zu setzen. Vor zwei Wochen hörten wir aus dem Buch Jesaja folgende Passage: „Meine Pläne sind anders als eure Pläne und meine Wege anders als eure Wege“ (Jes 55, 8).
Eine Wegbeschreibung, wie man die Spur Gottes aufnehmen kann, ist aus den beschriebenen Haltungen im heutigen Evangelium ableitbar.
Es braucht eine Entdeckerhaltung, eine unverzweckte Herangehensweise an Dinge und eine Offenheit für Überraschungen. So eine Haltung ermöglicht uns etwas zu Tage oder ans Licht zu bringen, nach etwas zu graben, was vielleicht im Verborgenen schon da war, aber bisher unerkannt geblieben ist. Um sich auf die Suche nach dem Unbekannten zu machen und von diesem beschenken zu lassen, benötigt man Mut und Angstfreiheit.
Es braucht die Nachhaltigkeit, die konkrete Absicht, sich auf die Suche nach etwas ganz Bestimmten zu machen. Sich um etwas zu bemühen, sich zu interessieren, zu durchstöbern, genau unter die Lupe zu nehmen. Die Entscheidung für das Besondere, für etwas Wertvolles und Einzigartiges setzt Ausdauer voraus. In Vorarlberg würde man im Dialekt sagen: „net lugg lo“.
Es braucht Zuversicht und Vertrauen, dass sich etwas im Netz verfangen wird, auch wenn man vorerst die Netze ins Trübe hinabsenkt. Es bedeutet, los- und sich überraschen zu lassen. Um das Ergebnis prüfen zu können, muss man das Gewonnene hochheben, man sollte zugreifen und zupacken.
Ohne Mühe, Engagement, Einsatz kann man nichts entdecken, nichts finden, nichts ernten, nichts hochheben und einsammeln. Man muss aktiv werden und aktiv bleiben.
In zwei von drei Ereignissen bedarf es zum Heben des Geschenkten Gerätschaften oder Hilfsmittel – einmal eine Schaufel, ein andermal ein Netz.
In zwei von drei Fällen erkennt man gleich die Besonderheit – den Schatz oder die Perle. Manchmal ist aber das Gewonnene eine Fülle, in der nicht alles brauchbar und nutzbar ist. Da gilt es zu sortieren, zu gliedern, zu ordnen, zu typisieren und zu prüfen. Der Apostel Paulus beschreibt dies im ersten Brief an die Gemeinde in Thessalonik sehr hilfreich „Prüft alles und behaltet das Gute“ (1 Thess 5,21).
Egal mit welcher Haltung man auf das Geschenkte oder das Besondere stößt, gilt es das Gefundene oder Gehobene zu sichern und zu bewahren.
Bei zwei von drei Ereignissen muss man einen Gegenwert entrichten. Beim Entdecken und beim Suchen ist für das Neue das Alte zu geben. Nur durch den Verkauf des alten Besitzes kann man sich das Neue leisten. Die Finder und Entdecker mussten für den Erwerb des Schatzes und der Perle alles verkaufen, was sie besaßen. Der Fischer darf an der Schöpfung Gottes partizipieren und braucht keinen Gegenwert entrichten.
Das Evangelium endet mit dem Satz: „Da sagte er zu ihnen: Deswegen gleicht jeder Schriftgelehrte, der ein Jünger des Himmelreichs geworden ist, einem Hausherrn, der aus seinem Schatz Neues und Altes hervorholt“. Die Evangelien waren Untergrundschriften, sie entstanden in einer Zeit, als sich die Wege von Judentum und Christentum zu trennen begannen. Es konnte nicht alles offen ausgesprochen werden. Es ging ähnlich wie heute um ein Ringen der Grundbotschaften und -absichten Jesu.
Wie viele andere Schriften der Evangelien möchte uns auch der heutige Text in die Weite führen, Freiheit schenken und Mut machen, den eigenen Glaubensweg zu finden. Auf der Suche nach dem Himmelreich gibt es nicht den EINEN Weg. Jeder Mensch ist individuell. Der eine gräbt lieber tief und sucht im Verborgenen, der andere fischt im Trüben und wieder ein anderer weiß konkret, was er will. Einige benötigen Hilfsmittel auf der Suche, ein anderer nicht.
Zwei von drei Himmelreichsuchenden müssen für den Gewinn des Himmelreiches das Alte verkaufen, um das Neue erhalten zu können. Auch der Fischer muss aussondern.
Was bedeutet dies für uns heute, als Gemeinde, als Kirche, als Gläubige in sich verändernden Zeiten? Wir brauchen den Mut, uns von Neuem inspirieren zu lassen, es braucht Anpassungen, wir müssen Prioritäten setzen. Es ist ein Aufruf, zu reinvestieren – Altes loszulassen, um für Neues frei zu werden. Wer sich auf den Weg zum Himmelreich machen möchte, kann nicht Altes mitschleppen und gleichzeitig Platz für Neues haben. Es ist in zwei von drei Fällen ein beinhartes entweder-oder. Manchmal ist aber auch ein Sortieren, Prüfen und Bewerten sinnvoll. Es soll nicht gleich das Kind mit dem Bad ausgeschüttet werden. Das heutige Evangelium ist ein Aufruf, sich der unerwarteten Überraschung zu stellen und sich inspirieren zu lassen. Es bedeutet Mut und Risikofreude, denn das Neue hat noch nicht die gleiche Erprobung erfahren wie das Alte. Das unerwartete Neue wird uns aber als ein besonderer Schatz beschrieben und per se gleichwertig mit dem Alten. Für das Neue und Unerprobte gilt es, das Altbekannte und die Sicherheit zu verkaufen um das vorerst Unbekannte zu erwerben.
Auch König Sálomo stand vor der großen Herausforderung sich auf Neues einzulassen. Er bat den Herrn um ein hörendes Herz, damit er den Menschen dienlich sein könne und das Gute vom Bösen zu unterscheiden vermag. Gerade weil er nicht egoistisch um ein langes Leben betete, oder darum seinen Besitz zu behalten, auch nicht um eine Verbesserung der Umstände, erhielt er von Gott ein weises und verständiges Herz, um auf die Tora hören zu können.
Die neueste Erhebung zu den massiven Kirchenaustritten in Deutschland ergab, dass die Menschen der Kirche die Kompetenz fürs Leben absprechen. Es scheint, als wäre uns als Kirche das hörende Herz abhandengekommen.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch der Könige anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus anhören möchten:
2 Kommentare zu “Altes und Neues 1. Lesung: 1 Kön 3,5.7-12| 2. Lesung: Röm 8,28-30| Evangelium: Mt 13,44-52”
Wesentlich erscheint mir aus diesem Bericht, – aus diesen Zeilen der Erkenntnis, dass ein hörendes Herz ein Leben im Diesseits wie im Jenseits “Dinge” zu schenken vermag, welche wir jetzt noch nicht erfassen können. Es sei denn, wir lassen uns damit im Glauben daran beschenken.
Vielen Dank Erich für diesen Umbruchshinweis.
Hans
Liebes Team vom Bibellabor,
ich möchte euch heute mal von Herzen danken.
Es ist immer wieder ein großer Schatz für mich die Auslegungen zu lesen und auf mich wirken zu lassen.