Das Machbare verlangen 1.Lesung Zef 3,14-17| 2.Lesung Phil 4,4-7| Evangelium: Lk 3,10-18
Um das Evangelium in seiner Bedeutung einordnen zu können, mag Hintergrundwissen hilfreich sein: Der Täufer Johannes und auch Jesus wirken in einer politisch äußerst aufgeladenen Zeit. An allen Ecken und Enden drohen Aufstände. Es ist Pilatus, der mit brutaler Gewalt dagegen vorgeht. Ihr beider Schicksal ist der Tod als Aufständische. Johannes wird enthauptet. Jesus stirbt am Kreuz.Der Grund für das Urteil: Er sei König der Juden. Als Lukas das Evangelium schreibt, hat Palästina die Katastrophe des jüdischen Aufstandes um 70 n. Chr. hinter sich. Die Stadt Jerusalem mit dem Tempel ist zerstört. Die Juden haben ein Betretungsverbot. Es ist die Folie, auf der die Evangelisten schreiben. Es gab viel Armut und Elend. Palästina ein besetztes Land mit fremden Soldaten.
Johannes d. Täufer lebt in der Wüste. Er hat ein Programm mit der Taufe der Umkehr bzw. des Umdenkens, um dieser Not zu begegnen. Er hat ein sehr konkretes, bodenständiges Programm: Wer zwei Gewänder hat, soll eines dem geben, der keines hat. Mit dem Essen macht es genauso. Es ist lebbar. Es ist für jeden und jede machbar.Dann kommen zwei Gruppen vor, die es eigens anzusehen gilt: die Zöllner und Soldaten. Sie sind es, die wesentlich für die Wut im Volk sorgen. Die Zöllner heben für die Römer die Steuern ein. Sie sind wegen ihrer Zusammenarbeit mit den Römern verhasst, und sie verlangen oft zu viel. Zu ihnen sagt Johannes: Verlangt nicht mehr, als festgesetzt ist. Zu Johannes kommen ebenso die Soldaten. Sie sind meistens Fremde aus anderen Ländern! Zu ihnen sagt Johannes: Misshandelt niemand, erpresst niemand, begnügt euch mit eurem Sold. Von vielen wäre es der tiefste Wunsch, dass sie überhaupt aus dem Land verschwinden. Johannes entspricht nicht diesem Wunsch. Er wäre auch unrealistisch. Er verlangt auch nicht, dass sie den Glauben zu wechseln haben, sondern eben das von ihnen Machbare. Was Johannes von den Soldaten einfordert, würde heute unter dem Thema laufen: Haltet die Menschenrechte ein. Diese wurden vor 70 Jahren ausgerufen, in der Folge des zweiten Weltkrieges verbunden mit der menschlichen Tragödie.
Johannes beabsichtigt, alle – die eigene Bevölkerung und die Fremden im Land – in eine Lösung einzubinden, um die Spannungen abzubauen. Es ist ein gangbarer Weg, den niemanden überfordern würde: gelebte Solidarität im Volk und die Absage an Ausbeutung, Korruption und Gewalt. Es muss daher nicht ganz verwundern, dass sie im Volk zu fragen begannen: Ist er der Messias, der Gesalbte, der König? Hätte er nicht das Zeug dafür? Er verneint. Es wurde weder sein Programm noch das Programm Jesu wirklich angenommen und es kam zum fatalen Aufstand um 67. n. Chr. Johannes weist aber bereits auf eine Macht hin, die hinter ihm steht bzw. kommt, einer, der stärker ist als er und der mit Heiligem Geist und Feuer tauft. Es macht Johannes zum großen Propheten, dass er konkrete, machbare Maßnahmen vorschlägt, um gegen Armut und Elend vorzugehen. Das ist auch heute prophetischer Dienst. Dieser Dienst leisten manchmal Bischöfe, aber öfters sind es NGO’s, Wissenschaftler, oft auch Künstler – diese Stimmen in der Wüste.
Letzten Sonntag hat die Plattform „Menschenrechte leben“ anlässlich der Ausrufung der Menschenrechte vor 70 Jahren nach Bregenz zum Thema eingeladen: „Armut ist kein Schicksal. Armut wird gemacht.“ Es gibt das Recht auf soziale Sicherheit, auf Hilfe in Not. Diese Thema ist zu verstehen auf dem Hintergrund, dass es in Österreich 1,2 Millionen Einwohner gibt, die unter dem Existenzminimum leben, davon sind ein drittel Kinder und Jugendliche bis zu 15 Jahren. Diese letzte Gruppe kann nichts dafür. Ihr Schicksal ist das Hineingeboren sein. Leider ist Armut ein Tabuthema und mit viel Scham behaftet. Viele der Betroffenen getrauen sich nicht darüber zu reden. Und gleichzeitig muss uns bewusst sein, es kann jede und jeden treffen. Im Laufe der letzten Jahre habe ich im Kaplan Bonetti Haus unterschiedlichste Bewohner erlebt. Es gab welche, die hatten eine gute, berufliche Karriere hinter sich: ehemalige Abteilungsleiter, Universitätsassistenten, Professoren an Mittelschulen, Handwerker, Firmenchefs … Niemand ist gefeit vor Lebensbrüchen.
Von der Regierung wurde die Mindestsicherung gekürzt. Man möge bedenken, was das heißt: Kürzung der Mindestsicherung. Die Mindestsicherung war der errechnete Betrag, den jemand braucht, um menschenwürdig leben zu können. Das Kürzen heißt, da werden Menschen in die Armut getrieben – bewusst! Begründet wird es, dass Migranten bisher noch nichts ins Sozialsystem eingezahlt hätten. Dass aber davon viele andere betroffen sind, vor allem Frauen, Alleinerziehende, geht unter.
Armut erzeugt Stress und macht Menschen krank. Es kostet.
Armut macht aggressiv und hat Konflikte zur Folge. Es betrifft in besonderer Weise die Familie. Es kostet.
Armut führt auch zu Kriminalität. Es kostet.
Armut hat Folgekosten für den Steuerzahler. Die Armut zu bekämpfen ist letztlich auch ein gesamtwirtschaftliches Thema. Es mag Sozialschmarotzer geben, aber der größere Teil der betroffenen Menschen will arbeiten, will am gesellschaftlichen Leben teilhaben und teilnehmen und seinen oder ihren Beitrag leisten. Wer von anderen immer das Schlechteste denkt, muss sich die Frage gefallen lassen, wie es um ihn selbst im Innersten wirklich bestellt ist?
Zudem sei die Frage erlaubt: Die Mindestsicherung hat im Jahr 2017 Österreich 1 Milliarde Euro gekostet. Bei Steuerhinterziehung, Steuerflucht geht es um größere Summen. Warum ist das kaum Thema? Oder warum bleibt das „große Geld“ unangetastet? Warum scheitert die Steuer auf die ganzen Finanztransaktionen? Es würde jene treffen, die das Geld haben.
Wir sammeln heute für „Bruder und Schwester in Not“.
Johannes schließt mit der Perspektive: Die Spreu wird in nie erlöschendem Feuer verbrennen. Spreu – es ist das Nutzlose, Überflüssige. In Bezug auf den ersten Teil des Evangeliums ist die Spreu der Geiz, die Gier, die Korruption, die Gewalt … alles das, was eine Gesellschaft spaltet und die Würde der Menschen verletzt. Im Heiligen Geist und im Feuer wird die Spreu verbrannt. Es ist die Macht, die stärker ist und die wir als Glaubende im Hintergrund wissen dürfen.
Ein Kommentar zu “Das Machbare verlangen 1.Lesung Zef 3,14-17| 2.Lesung Phil 4,4-7| Evangelium: Lk 3,10-18”
Vielen Dank für die immer sehr ansprechenden und auf das tägliche Leben verweisenden Bibelauslegungen!