Der lange Atem Gottes 1.Lesung: Dan 12,1-3| 2.Lesung: Hebr 10,11-14.18| Evangelium: Mk 13,24-32
Jesus ist von Galiläa nach Jerusalem gekommen. Die politischen Spannungen zwischen den römischen Besatzern und den Aufständischen im Land sind explosiv. Auch Jesu Auseinandersetzungen mit den Schriftgelehrten und der Priesterschaft in Jerusalem spitzen sich zu. Er kündigt die Zerstörung des Tempels an. Er ahnt, dass es für ihn gefährlich wird. Er zieht sich mit vier Aposteln – den Vertrautesten: Petrus, Jakobus, Johannes und Andreas – auf den Ölberg zurück, um die Situation zu besprechen. Man müsste genauer sagen, er bereitet sie auf die Zeit nach ihm vor:
In jenen Tagen nach der Drangsal, wird die Sonne verfinstert werden und der Mond wird nicht mehr scheinen, … die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Es ist die Vorahnung einer großen Katastrophe, in der kein Stein auf dem anderen bleibt. So etwas macht Angst.
Jesus greift dann das Bild vom Menschensohn auf, der auf den Wolken kommen wird, mit großer Kraft und Herrlichkeit. Das Bild und die Rede vom Menschensohn ist dem Propheten Ezechiel entlehnt. Ezechiel hat zunächst die babylonische Gefangenschaft für Israel als Strafgericht gesehen und verkündet. Doch es wandelt sich seine Botschaft. Er kündigt den Geschundenen und Entrechteten seines Volkes das Kommen eines Menschensohnes an (Vgl. Ez 2,3). Dieser Menschensohn ist als Prophet gesandt. Er soll ein neues Denken lehren, sie aufrichten und eine neue Menschlichkeit bringen. Ezechiel fügt hinzu, dass dieser Menschensohn Widerstände erleben wird und es immer wieder schwer haben wird.
Es ist die Botschaft Jesu an seine Jünger: Gott steht für Menschlichkeit, für Recht, Gerechtigkeit und Würde. Dazu ist er gesandt. Dazu sendet er immer wieder Menschen, auch sie, seine Vertrauten werden es einmal sein.
Im Evangelium gibt es eine weitere Ebene: Als der Evangelist Markus sein Evangelium verfasst, ist er mit einer großen Katastrophe konfrontiert. Die brutale Herrschaft der Römer hat zu einem bewaffneten Aufstand der Juden in Palästina geführt, der wiederum von der römischen Besatzung brutal niedergeschlagen wurde. In Massada gab es noch ein jüdisches Widerstandsnest, da und dort kleinere Gefechte. Viele der Ortschaften und Städte waren zerstört und Felder abgebrannt. In der Bevölkerung gab es viele Waisen und Witwen. Viele von ihnen fristeten ihr Dasein in Ruinen oder Höhlen. Traumatisierte und Verwundete suchten irgendwie durchzukommen. Das religiöse Zentrum – Jerusalem mit dem Tempel – lag in Trümmern. Die jüdische Bevölkerung wurde aus der Stadt vertrieben. Das Schicksal der Vertreibung traf auch die junge christliche Gemeinde.
Markus holt die Stimmung ein, wenn er schreibt: In den Tagen der Drangsal, mit der verfinsterten Sonne, mit Nächten ohne den Mond. Ausdruck für Dunkelheit, Angst, Mut- und Hoffnungslosigkeit, Hunger, Verzweiflung, ein Sterben ohne Ende. Die Kräfte des Himmels sind erschüttert. Die Menschen fragen: Wie geht es weiter? Geht es überhaupt weiter?
Die Ankündigung wirkt wie ein Zwischenruf: Dann wird man den Menschensohn in Wolken kommen sehen, mit großer Kraft und Herrlichkeit.
Die Wolke als Bild für die Gegenwart Gottes. So erinnert sie an den Durchzug durchs Rote Meer (Ex 14,19ff). Da stellte sich die Wolke schützend zwischen das Volk und die Ägypter, damit sie einander nicht näherkamen. Am Sinai steigt Gott in einer Wolke zu Mose herab, um sich ihm zu offenbaren. Die Wolke, man kann sie nicht greifen und doch ist sie da. In dieser schwierigen Zeit, Gott ist da, schützend, auch wenn man ihn nicht greifen kann.
Dieser Menschensohn kommt mit großer Kraft und Herrlichkeit. Despoten oder Diktatoren fürchten immer um ihre Macht. Sie müssen sich fürchten, weil ihnen die Macht nur solange erhalten bleibt, solange sie mit Tricks oder Gewalt ihr Unrechtssysteme erhalten können. Und die Tricks und die Gewalt haben ihre Grenzen.
Der Menschensohn – die Menschlichkeit – hat den längeren Atem. Gott hat den längeren Atem. Jesus Christus, der Auferstandene hat den längeren Atem. Ihr Apostel steht für Recht, Gerechtigkeit und Würde, ihr werdet den längeren Atem haben. Christen, die für Recht, Gerechtigkeit und Würde eintreten, werden den längeren Atem haben, auch wenn man mit Widerständen aus den eigenen Reihen und anderer rechnen muss.
Der Menschensohn – die Menschlichkeit – kommt mit großer Macht und Herrlichkeit. Das Wort steht wie ein Zwischenruf in einer Zeit, in der kein Stein auf dem anderen bleibt.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Daniel anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Hebräerbrief anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Markus anhören möchten:
In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.
2 Kommentare zu “Der lange Atem Gottes 1.Lesung: Dan 12,1-3| 2.Lesung: Hebr 10,11-14.18| Evangelium: Mk 13,24-32”
Recht oder Unrecht?
In der heutigen Zeit ist es für mich nicht einfach, Vertrauen zu manchen politischen Führer zu haben.
Bei dem Gaza-Krieg z.B. werden so manche manipulierende Falschaussagen verbreitet, die mich zweifeln lassen über den Sinn der Auseinandersetzung. Der Tod der vielen unschuldigen Kinder und Frauen wird überhaupt nicht berücksichtigt. Das Gleiche gilt für mich für den Angriffskrieg der Russen in der Ukraine. Es fehlt mir dann nicht leicht, mich mit dem Guten auf dieser Welt zu beschäftigen.
Hoffnung macht mir die Vergangenheit, wie z.B. der 2. Weltkrieg, wo der Verursacher des Krieges auch aufgeben musste. Als er keinen Ausweg mehr sah, hat er sich sogar das Leben genommen -aus Feigheit, wie ich meine-.
Die Wiedervereinigung von Ost- u. Westdeutschland, wo die Friedensbereitschaft des Volkes die Oberhand behielt, war für mich ein Akt, wo Jesus die Hand im Spiel hatte.
Auch der Kampf der Frauen im Iran wird sich meiner Meinung lohnen, weil die Liebe immer stärker ist als die Angst.
Ich habe für mich schon lange entschieden, meinen Weg mit Jesus zu gehen,
er hilft mir die Wahrheit zu erkennen.
Gesegnete Grüße
Ich denke, dass nur auf den “Humanismus” zu schauen, eine der größten Irrlehren in der Christenheit ist, weil die Gottheit Christi im Vergleich zu Religionen verwischt wird.
Jesus ist gekommen, das Reich Gottes zu bringen. Er ist der neue Adam.
LG Franz