Der Weg zu einem guten Ende 1.Lesung: Dan 7,2a-13b-14| 2.Lesung: Offb 1,5b-8| Evangelium: Joh 18,33b-37
Worauf läuft es hinaus? Niemand kann eine genaue Antwort geben. Es ist eine Grundsituation des Menschen, vor dieser offenen Frage zu stehen:
Die Geschichte und die Erfahrungen, die die Menschen erleben, sind sehr zwiespältig. Da sind einerseits Unrecht, Leid, Schicksalsschläge, Sinnlosigkeiten, Ohnmacht und nicht zuletzt das Wissen um den Tod, der das letzte Wort zu behalten scheint. Sie stellen große Fragen an den Sinn unserer Existenz.
Andererseits haben wir auch als ein Teil der Wahrheit der zwiespältigen Erfahrungen: das Geschenk der Liebe, selbstlose Solidarität, gelingende Initiativen, unerwartete Freuden, Sternstunden des Glückes, erfüllte Augenblicke mit Ahnungen von Vollendung.
Worauf läuft es hinaus? Es sei hier auch die künstliche Intelligenz – KI – erwähnt. Sie wird z.B. noch große Möglichkeiten in der Medizin eröffnen – Diagnosen und Operationen betreffend – und zugleich ahnen wir Gefahren: das Produzieren von „fake news“, die Überwachung von Menschen oder ihre Anwendung im Krieg.
Worauf läuft es hinaus? Niemand kann es ernsthaft beantworten. Gerade deshalb stehe ich, stehen wir vor einer Entscheidung: Kann ich mich den Spuren guter Anfänge anvertrauen und auf das gute Ende setzen, in dem das in dieser Welt so verborgene und hinterfragbare Geheimnis, das wir Gott nennen, der Liebe das letzte Wort gibt und so Tod und Unrecht für immer besiegt sind?
Vielleicht wirkt diese Hoffnung für manche angesichts der Realitäten von Elend und Gewalt als naiv, unrealistisch oder als ohne Boden unter den Füssen? Aber ist sie nicht menschlich, diese Hoffnung, ja vielleicht bildet diese Hoffnung sogar den Bodensatz von Menschlichkeit – einem Denken und Handeln, das diesem guten Ende schon hier und jetzt mit guten Anfängen der Mitmenschlichkeit und Solidarität dienen will und kann. Es ist mit der Frage verbunden: Wer ist am Ende der „Herrscher“, der „König“, dem du dienst oder dienen willst?
Ist es jemand, der oder die es mit der Wahrheit nicht ernst nimmt; der oder die Menschen in Klassen einteilt, in bessere und schlechtere, mit mehr oder weniger Rechten; der oder die in der Lösung von Konflikten auf Gewalt setzt? Oder ist es jemand, der oder die der Wahrheit auf den Grund geht; der oder die die Würde eines jeden Menschen hochhält; der oder die in Konflikten im langwierigen, vielleicht auch schwierig-holprigen Dialog zu Lösungen kommen will?
Worauf läuft es hinaus? Das Evangelium dieses Sonntags endet mit dem Selbstzeugnis Jesu, ein König – dieser König – zu sein: „Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme“. Pilatus reagiert mit der Frage darauf (Die Leseordnung lässt diese Frage leider weg): „Was ist Wahrheit?“ Mit dieser Frage wird die eigentliche Spannung spürbar, die offene Frage, worauf es letztlich hinausläuft, was die letzte und tiefste Wahrheit ist: Das Bild des erbärmlich gedemütigten, zu Unrecht angeklagten Menschen vor seinem Kreuzweg steht in Spannung, zu jenem Bild, das die Lesung aus der Johannesoffenbarung von eben diesem Jesus zeichnet: „Das Alpha und das Omega, … Herrscher über die ganze Schöpfung“.
Zum Verständnis: Alpha und Omega bezeichnen nicht Anfang und Ende unseres irdischen Lebens, sondern sind die Wegmarken der niemals endenden Liebe in Gottes Reich. Wir Christen sind eingeladen, diesem Herrscher, der alles in seiner Liebe umfängt – als Alpha und Omega – zu trauen.
Unser christlicher Glaube steht in dieser Spannung. Er setzt die menschliche Hoffnung darauf, dass der hilflose, ohnmächtige Leidensknecht auf ganz unvorstellbare Weise zeigt, worauf es am Ende hinausläuft und was letzte Wahrheit sein wird: „Jesus Christus ist der treue Zeuge, der Erstgeborene der Toten, der Herrscher über die Könige der Erde“. Es ist die Hoffnung, die uns die Schrift am Ende des Kirchenjahres ins Stammbuch des Glaubens schreibt. Sie richtet sich gegen die Todesmächte einer jeden Zeit, mögen sie noch so inhuman und brutal sein.
Als Kirche, als Glaubensgemeinschaft teilen wir diese außergewöhnliche Hoffnung. Es mag die Glaubwürdigkeit unserer Kirche angekratzt sein, weil wir selbst als Kirche von zwiespältigen Erfahrungen betroffen sind, manchmal auch Grund dafür sind. Wir sind allerdings gerufen, die biblischen Geschichten der Hoffnung, von den guten Anfängen zu erzählen und zu feiern, die den Weg zu einem guten Ende bereiten.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Daniel anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus der Offenbarung des Johannes anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Johannes anhören möchten:
In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.