
Friede mit anderer Qualität 1.Lesung: Apg 15,1-2.22-29| 2.Lesung: Offb 22,10-14.22-23| Evangelium: Joh 14,23-29
„Friede sei mit euch allen.“ Mit diesen Worten grüßte der neugewählte Papst Leo XIV die Menschen. Und weiter: „Das ist der Friede des auferstandenen Christus, ein unbewaffneter Friede und ein entwaffnender, demütiger, beharrlicher Friede. Er kommt von Gott, von Gott, der uns alle bedingungslos liebt.“
Es ist das heutige Evangelium, das diesen Wunsch des Papstes in ein besonderes Licht stellt. Jesus sagt: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch.“ Jesus sitzt mit den Seinen im Abendmahlssaal zusammen und bereitet sich auf den Abschied vor. Es sind Worte in einer besonderen Atmosphäre und Situation.
Es stellt sich die Frage: Was ist unter Frieden zu verstehen? Ist Frieden keinen Streit oder Krieg zu erleben? Bedeutet er Wohlstand, die Befriedigung der eigenen Ansprüche und Erwartungen? Ist es schon der Friede, den Jesus gibt, wenn jemand problemfrei, unbeschwert lebt und mehr oder weniger von niemanden gestört wird?
Von welchem Frieden spricht Jesus, wenn er sagt: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch!“ Die Situation ist eine angespannte, geprägt von vielen offenen Fragen, harten Auseinandersetzungen, Verrat, Verleumdung und Bedrängnis. Die äußeren Umstände scheinen dem Frieden wenig Raum, wenig Chance zu geben. Wie kann er von Frieden sprechen und welchen Frieden will er hinterlassen?
Wer sich auf Jesus und seine Friedensbotschaft beruft, wird zu einem Frieden herausgefordert, der oben genannte Erwartungen nicht einfach erfüllt. Es ist kein „bequemer“ Friede, den man untätig, passiv über sich ergehen lassen kann.
Den Frieden (Schalom), den Jesus gibt und hinterlässt, besagt im Blick auf ihn: Widerstand leisten, sich einsetzen für Gerechtigkeit und Wahrheit, Stellung beziehen, Partei für jene zu ergreifen, die übervorteilt werden, Konflikte angehen und austragen, der harten Wirklichkeit in die Augen sehen und in ihr zu wirken.
Jesus gibt und hinterlässt Frieden, obwohl er immer mehr in die Rolle eines Einzelkämpfers gerät, Ohnmachtserfahrungen macht und seine Grenzen und Schwächen zu spüren bekommt. Es wächst zudem der Eindruck, dass ihn immer weniger verstehen, mit ihm mitkönnen.
Wer hat in einer solchen Situation die Kraft zum Frieden? Die Bibelstelle bietet einen Hinweis: „Meinen Frieden gebe ich euch, nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch.“
Es ist ein Friede, der in ihm wohnt und nicht das Resultat einer eigenen Anstrengung ist. Es ist ein Friede, der keine Angst um die eigene Zukunft hat und der in einer anderen Welt verwurzelt ist.
Es ist bemerkenswert, dass Jesus zum Abschied die Seinen an diesem Frieden teilhaben lassen will, er seinen Frieden den ihm Nachfolgenden übergibt. Dieser Schalom – Gottes Friede – wird sich auf jene Menschen legen, die sich engagieren ohne dabei fanatisch, gewalttätig und rücksichtslos zu werden. Er wird sich auf jene legen, die dem Frieden und der Gerechtigkeit dienen, ohne es von ihrem Erfolg abhängig zu machen. Er wird sich auf jene legen, die trotz Ohnmacht, Grenzen und Schwächen weitermachen, weitergehen.
Wir nehmen derzeit die Welt wahr mit vielen Konflikten, kriegerischen Auseinandersetzungen, kurz: Fried-los. Wir Christen dürfen um diese besondere Quelle des Friedens wissen. Mitten in all den Turbulenzen hat er – Jesus – einen Frieden zu geben, den die Welt nicht geben kann.
In der Zeit Jesu kannte man den „Frieden der Welt“. Es war ein durch die römische Staatsmacht verordneter Friede, nämlich die „Pax Romana“. Das römische Reich hat den unterdrückten Völkern einen Frieden aufgezwungen. Sie wurden befriedet – etwas vereinfacht mit Stichworten formuliert: Durch fremde Soldaten, Brot und Spiele. Wer tat, was angeordnet wurde, wurde in Ruhe gelassen. Widerstand oder ein Aufbegehren gegen die Regeln des Reiches wurden möglichst im Keim erstickt. Der Evangelist Johannes wehrt sich auch gegen diesen vermeintlichen Frieden der Welt, der Menschen klein macht, abhängig oder gefügig. Auf Grund der finanziellen Situation kann es sein, dass in den nächsten Jahren unsere Regierung weniger Brot und Spiele bieten kann. Es könnte zugleich die Chance – zumindest für Christen – sein, dass sie sensibler für den Frieden werden, der vom HERRN ausgeht.
Der Friede, der von Jesus ausgeht, hat eine andere Qualität. Es ist kein diktierter Friede, der sich gegen die Freiheit der Menschen richtet und der kein bis wenig Interesse an der Wahrheit des Lebens, am Elend und den Nöten der Menschen hat.
Die Erfahrung der jungen Kirche, dass ihnen ein Friede der besonderen Art geschenkt wird, wenn sie Jesus nachfolgen bzw. den Auferstandenen feiern, hat der österlichen Botschaft eine tragende Kraft verliehen.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus der Apostelgeschichte anhören möchten:
1. Teil
2. Teil
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus der Offenbarung des Johannes:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Johannes anhören möchten:
In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.
Ein Kommentar zu “Friede mit anderer Qualität 1.Lesung: Apg 15,1-2.22-29| 2.Lesung: Offb 22,10-14.22-23| Evangelium: Joh 14,23-29”
Vielen Dank für die regelmäßigen Zusendungen der Bibeltexte. Die verständliche Aufbereitung der “Heiligen Schrift” bewirken bei mir Impulse, die meine Nacharbeit erleichtern. Eine Bereicherung ist für mich auch das unterschiedliche Gedankengut der Kommentarschreiber.
Gesegnete Grüße