Glaube lebt 1. Lesung: Apg 2,1-11 | 2. Lesung: Gal 5,16-25 | Evangelium: Joh 15,26.27;16,12-15
„Ich glaube an den Heiligen Geist“, so beten und bekennen wir im Glaubensbekenntnis und dann geht es weiter mit der Katholischen Kirche, der Vergebung der Sünden bis hin zum Glauben an das ewige Leben. Man kann und darf diesen Abschnitt des Glaubensbekenntnisses so verstehen, dass nach dem: „Ich Glaube an den Heiligen Geist“ ein Doppelpunkt folgt und wir alles Weitere dem Wirken des Heiligen Geistes verdanken: Die Katholische Kirche ist ein Werk des Heiligen Geistes, aber ebenso die Gemeinschaft der Heiligen, die Vergebung der Sünden, die Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Alles ist das Werk – Frucht – des Heiligen Geistes.
Es sei hier angemerkt, dass es nicht heißt: „ich glaube an die „römisch“ katholische Kirche, sondern an die Heilige, Katholische Kirche. Heilig ist die Kirche nicht deshalb, weil die Menschen in ihr alle super, perfekt und ohne Fehler sind, sondern „heilig“ dürfen wir sie deshalb glauben, weil in ihr der heilige Geist wirkt und sie gerade auch zu Menschen ja sagt, die Fehler haben und in vielem noch unfertig sind. Wenn in der Kirche nur für die Perfekten und Fehlerlosen Platz hätte, dann würde sie unmenschlich und auch ich hätte keinen Platz in ihr. Gerade auch das Wissen um das Angenommen sein mit den Fehlern und Schwächen macht sie für mich zu einer heilsamen Gemeinschaft. Ja, die Kirche bekennt sich zu einer Gemeinschaft der Sünder und es ist der Heilige Geist, der uns die Kraft gibt, uns gegenseitig – und die Mitmenschen überhaupt – anzunehmen, bzw. versöhnt zu leben.
Katholisch heißt: allumfassend in allen Dimensionen. Wenn ich mich zur Katholischen Kirche bekenne, dann ist es eine Kirche der Jungen, der Jugend, der Erwachsenen und der Alten; es umfasst die Menschen in ihrer Ganzheit: Seele, Geist und Leib; es umfasst die Menschen vor uns und nach uns; als Katholische Kirche wissen wir um unsere Heils- und Unheilsgeschichte der Jahrhunderte, aber wir tragen auch Verantwortung für kommende Generationen; wenn wir uns katholisch bezeichnen, dann sind wir es nur, wenn wir in jedem Menschen das Ebenbild Gottes suchen und finden, ob Christ, Muslim, Jude, Hindu …, ob Gläubig, Agnostiker oder Atheist …; als katholische Menschen wissen wir uns in den gesamten Lebensraum eingebettet, d.h. wir tragen Verantwortung für die Schöpfung, für die Tierwelt; als Katholische Christen sind die Armen unser Schatz, die Menschen am Rande rücken in die Mitte des Interesses. Das Bekenntnis zur Katholizität bedeutet, ich kann und will niemanden ausgrenzen oder ausschließen, kein Mensch ist oder wird mir egal sein. Das Bekenntnis zur Katholischen Kirche ist das Bekenntnis, mit der Liebe immer neu über die Grenzen hinaus zu gehen, bzw. der Liebe keine Grenzen zu ziehen.
Es ist der Heilige Geist, der sich immer wieder eine solche Kirche schafft. Als Lesung – die Beschreibung des Pfingstereignisses – gibt Einblick in das Wirken des Heiligen Geistes am Beginn der werdenden Kirche. Es ist der Heilige Geist, der die Apostel in den Glauben führte, dass der HERR auferstanden ist. Es ist der Heilige Geist, der aus den verängstigten Apostel eine Gemeinschaft gestaltete, und der die einzelnen befähigte, unerschrocken vor die Leute zu treten und sie zu Glaubenszeugen werden ließ.
Und wenn wir in das Pfingstereignis hineinhören, dann ist da die Rede von einem Brausen vom Himmel her. Es gab ferner Getöse, heftigen Sturm, Feuerzungen … Lukas schildert in der Apostelgeschichte, dass Pfingsten Aufsehen, Unverständnis und Fragen aufwarf, dass es stürmisch zuging. Es wird sogar davon berichtet, dass Menschen außer sich und bestürzt sind, Vorwürfe und Unterstellungen erhoben wurden. In all dem hat der Heilige Geist sein Werk getan, dem Evangelium Kraft gegeben und eben eine wagemutige Gemeinschaft geformt, die für dieses Evangelium Zeugnis ablegte. In dem Drunter und Drüber hat es Menschen betroffen gemacht und sie kamen zum Glauben, so heißt es. Bei weitem nicht alle fanden zum Glauben, aber es gab welche.
Dieser Pfingsttext erinnert mich sehr an Gegenwärtiges. Es verändert sich sehr viel: politisch, gesellschaftlich, kirchlich. Es gibt viel Verunsicherung. Es gibt teilweise Ratlosigkeit, Flucht in die Innerlichkeit oder Stammtischgespräche, in denen die Verdächtigungen und Unterstellungen ihre Blüten treiben. Es gibt Bestürzte. Es gibt Getöse. Manche geraten außer sich. Ja die Menschen der Kirche erleben heute nichts anderes als was die junge Kirche in Jerusalem erlebte: ein Drunter und Drüber. Daraus hat der Hl. Geist seine Kirche gebaut.
Die Kirche ist nicht unser Besitz, sie ist auch in Zukunft das Werk des Heiligen Geistes. Wir erleben – vielleicht schmerzlich, zumindest geht es mir so -, dass sich die Gestalt verändert. Die Kirche der Zukunft wird nicht so sein, wie wir sie in den letzten Jahren, Jahrzehnten erlebten mit den Priestern, vollen Kirchen, volle Klöster, großen Prozessionen, eine Kirche ohne großen Geldsorgen … Sie verändert sich und wird sich verändern.
Wir lesen und hören heute die pfingstlichen Texte, damit wir es nicht vergessen. Es ist nicht unsere Aufgabe, die Kirche zu retten, sondern der Heilige Geist rettet uns. Er schafft sich eine Gemeinschaft, die heilig und lebendig ist, die einander trägt und erträgt, die ihn, den Auferstandenen gerade auch in Krisen oder in der Krise bezeugt. Zu diesem Dienst sind wir berufen, zu diesem demütigen Dienst: zu bezeugen, dass der Tote lebt; dass im Tod das Leben ist; auch im Tod einer bestimmten Form von Kirche, wird neues Leben erstehen.
Glaube lebt. Viele Menschen gehen den Jakobsweg. Tausende Jugendliche treffen sich über Pfingsten in Taize. Tausende engagieren sich nach wie vor ehrenamtlich, beten, lesen die Bibel …
Wir sind berufen, das Wirken Gottes und seines Geistes zu bezeugen. Es zeigt sich in besonderer Weise in einer gelebten Dankbarkeit: Dankbar zu sein für so vieles, das nicht selbstverständlich ist; für die vielen, täglichen Zuwendungen Gottes, aber auch für viele Zuwendungen, die wir von Mitmenschen erfahren dürfen. Wir bezeugen ihn ebenso im Katholisch sein: in einer umfassenden Sorge um die Welt, in einer umfassenden Zuwendung zu den Menschen, insbesondere der bedrängten und Notleidenden. Der Glaube eines Christen, der keinen Menschen in Not kennt, ist dem Tode nahe oder bereits tot.
Die Kirche ist nicht unser Besitz, sie ist das Werk des Heiligen Geistes und er rettet uns.