
Himmlisches Erntedankfest 1.Lesung: Apg 13,14.43b-52| 2.Lesung: Offb 7,9.14b-17| Evangelium: Joh 10,27-30
Ich möchte heute den Blick auf eine Nebensächlichkeit werfen. In der heutigen Lesung aus der Offenbarung des Johannes werden Palmzweige erwähnt. Viele neutestamentliche Texte sind als Untergrundschriften konzipiert. Einerseits standen die Verfasser unter der Beobachtung der römischen Besatzer und anderseits richteten sich die kritischen Blicke der Juden auf sie. Der Text aus der Apostelgeschichte berichtet davon, dass die vornehmen gottesfürchtigen Frauen sogar gegen Paulus und seine WeggefährtInnen aufgehusst wurden. Vor diesem Hintergrund kann jede kleine Randbemerkung eine Botschaft zwischen den Zeilen beinhalten.
Wir kennen die Palmzweige vom Einzug Jesu in Jerusalem. In den Schriften des Ersten Testaments haben sie aber eine lange bedeutungsvolle Geschichte und stehen in engem Zusammenhang mit dem Fest Sukkot. Es ist das Fest des Einsammelns, eine Form von biblischem Erntedankfest. Sukkot soll das Volk Israel daran erinnern, dass es ursprünglich ein Nomadenvolk in Kanaan war und später ein Volk von Sklaven in Ägypten. Es soll Israel an die Tage erinnern, als es als Nomadenvolk ohne eigenen Boden keine Ernteerträge einbringen konnte. In beiden Fällen hat Gott ihre Existenz gewandelt und sie als Volk in eine neue Heimat geführt. In den gebauten Sukka-Hütten wird sieben Tage lang gegessen und genächtigt. Sie symbolisieren die provisorischen Wohnstätten während der 40 Jahre in der Wüste.
In der Tora finden sich zwei Bestimmungen zum Laubhüttenfest. In Lev 23, 33-44 werden die genauen Ruhegebote und der Festablauf festgehalten. Diese Beschreibungen sind für das Verständnis des Textes aus der Offenbarung nicht unwesentlich. Die Bestimmungen der Tora zum Laubhüttenfest sehen eine Besonderheit vor, und zwar den Toragottesdienst als Wortgottesfeier. Er ist die Grundlage aller späteren Gottesdienste in den Synagogen, aber auch unserer Liturgie. Eigentlich gab es zu dieser Zeit nur die Gottesdienste im Tempel in Jerusalem mit allen gebotenen Schlachtopfern. Nun aber entwickelte sich – man könnte sagen eine reformierte Form – eines Gottesdienstes. Er sollte ortsunabhängig und ohne Opfergaben gefeiert werden können. Damit erhielt auch das Studium religiöser Texte einen gottesdienstlichen Charakter.
Die ältesten Zeugnisse über einen außerhalb des Tempels ohne Opferkult stattfindenden Gottesdienst überliefert die Bibel selbst. Dtn 31,11-12 enthält den Hinweis, dass Männer, Frauen, Kinder und Fremde in Israel zum Abschluss des Laubhüttenfestes (Sukkot) versammelt werden sollen, damit sie die Tora hören, um sie zu befolgen. Die Opferlosigkeit des hier beschriebenen Gottesdienstes war für den Alten Orient einmalig, denn gewöhnlich wurde jeder Kontakt zu Gott von einer Kulthandlung begleitet.
Das Laubhüttenfest ist eines der drei Feste mit Wallfahrten zum Tempel nach Jerusalem, es dauert acht Tage und ist nach der eingefahrenen Ernte im ganzen Land ein Freudenfest für Israeliten, die Sklaven, die Menschen im priesterlichen Dienst, die Fremden, Waisen und Witwen und mit einer Verantwortung für alle Menschen im Stadtbereich. Es ist also ein Freudenfest für alle Menschen, die in einer Stadt wohnen, egal welcher Herkunft. Dieses Fest hebt die Zugehörigkeit zum Volk Israel auf. Der Text der Apostelgeschichte berichtet davon, dass dies auch Paulus ein Anliegen war. Er wollte, dass alle dazugehören können, die wollen, und räumte alles Hinderliche aus dem Weg. Mich erinnert es auch an das Vermächtnis von Papst Franziskus, der immer wieder betonte, dass an „Alle, Alle, Alle“ gedacht werden und keiner ausgeschlossen werden sollte.
Es ist auch ein schönes Beispiel, wie innerbiblisch erkannt wird, dass Tradition wichtig ist und Geschichte tradiert werden soll, dass aber die äußeren Formen den aktuellen Bedürfnissen der Menschen angepasst werden dürfen. Die Texte der Offenbarung des Johannes, aber auch aus der Apostelgeschichte, sollen keine Absage an das Judentum sein, sondern ein Hinweis, darauf, dass es unterschiedliche Wege zu Gott gibt.
Was hat das nun mit den oben genannten Palmzweigen zu tun. Zu Sukkot findet am Ende des Gottesdienstes ein Umgang mit einem Feststrauß statt. Man zieht mit einem Pflanzenstrauß und mit einem Hosanna-Ruf um die Thorarolle. So erfolgte es auch beim Einzug von Jesus in Jerusalem. Schon damals hofften die Menschen auf ein himmlisches Erntedankfest.
Der Feststrauß bestand ursprünglich aus vier Teilen: einem Palmzweig als Zeichen eines tropischen Gewächses; einer Zitrusfrucht als Beispiel einer veredelten Frucht als Ernte aus einem kultivierten Obstgarten; drei Myrtenzweige, als Teil einer Ernte, die nicht zum Verzehr geeignet, aber als Heil- und Duftpflanzen nützlich sind; zwei Weidenruten als Gehölz, dass anderweitig nutzbar ist, z.B. zum Entzünden von Feuer. Diese unterschiedlichen Erntegaben sollen die Fülle widerspiegeln, für die es Gott zu danken gilt. Alles findet seine Verwendung und daher soll und kann für alles gedankt werden.
Johannes berichtet in seiner Offenbarung: „Ich, Johannes, sah: eine große Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen; niemand konnte sie zählen. Sie standen vor dem Thron und vor dem Lamm, gekleidet in weiße Gewänder, und trugen Palmzweige in den Händen“ (Offb 7, 9) Dieses Bild steht für das himmlische Erntedankfest, wo Gott alle Menschen unabhängig von Abstammung, Religion, Fähigkeiten und Können zusammenführt. Es wird ein Fest sein.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus der Apostelgeschichte anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus der Offenbarung des Johannes:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Johannes anhören möchten:
In unseren Gedanken zu den Texten der Sonntage haben wir schon öfter auf die Problematik von Textauslassungen hingewiesen. Wir wollen einen Versuch starten und werden ab dem Beginn des neuen Lesejahres die Texte in der Länge der biblischen Verfasser lesen.
Seit Jahrhunderten beeindruckt die Bibel Menschen mit ihren Formulierungen. In der Zeit ihrer Entstehung für jeden verständlich brauchen Leserinnen und Leser von heute eine Übersetzung dieser Texte. Jede Übersetzung ist in gewisser Weise auch eine Deutung der Schrift. Die Einheitsübersetzung ist uns bereits vertraut. Wir wollen bewusst mit Beginn des neuen Kirchenjahres eine andere Übersetzung verwenden, um uns neu von den Texten überraschen zu lassen. Wir haben uns für die Übersetzung der BasisBibel entschieden, die seit Januar 2021 vollständig vorliegt. Die BasisBibel ist die Bibelübersetzung für das 21. Jahrhundert: klare Sprache, kurze Sätze und verständliche Sprache.
Ein Kommentar zu “Himmlisches Erntedankfest 1.Lesung: Apg 13,14.43b-52| 2.Lesung: Offb 7,9.14b-17| Evangelium: Joh 10,27-30”
Warum alle Menschen vor Gott gleichwertig sind?
Papst Franziskus hat uns gezeigt, wie die Menschen untereinander umgehen sollen. Er hat Menschen, die von den Mitmenschen ausgegrenzt wurden, wie
Homosexuelle, Prostituierte und andere Außenseiter der Gesellschaft, zu sich kommen lassen oder ist sogar zu Ihnen gegangen. Er wertschätzte auch diese
Leute und zeigt Ihnen, dass sie ein wichtiger Teil der Gesellschaft sind.
Er hat verstanden, was Jesus vorgelebt hatte.
Es gibt verschiedene “Früchte” und alle haben ihren Sinn.
Ich danke und lobe den Herrn. Gesegnete Grüße