Vom Wehen des Geistes 1. Lesung: Apg 2,1-11|2. Lesung: Gal 5,16-25|Evangelium: Joh 15,26-27;16,12-15
Pfingsten ist ein großes und wichtiges Fest des Glaubens. Wir feiern den heiligen, heilsamen Geist, der von Gott ausgeht, der die Welt erneuert, mit Liebe und Leben erfüllt, der die unterschiedlichsten Wunden, an der die Menschen und die Welt leiden, heilt, der versöhnt, von dem Recht und Gerechtigkeit und österlichen Frieden ausgehen.
Wir feiern diesen pfingstlichen Geist, der von Jesus verheißen ist und der wirkt – heute, in unserer Zeit und Welt. Wir Menschen haben ihn nicht geschaffen und müssen ihn nicht schaffen, sondern wir sind eingeladen, für diesen Geist offen zu sein, sein Wehen zu deuten, uns in seinem Wirken mitnehmen zu lassen. Er weht, wo er will. Es ist mein Glaube, dass die gegenwärtige Kirche vom Wehen des Geistes zutiefst betroffen ist. ER erneuert sie, gibt ihr eine neue Gestalt. Papst Franziskus verwendet das Bild einer „verbeulten Kirche“.
Man kann Veränderungen, mit denen wir konfrontiert werden, verschieden deuten. Glaubende begleitet die Frage: Steht hinter den Vorgängen in der Welt und der Kirche, beziehungsweise hinter den Veränderungen das Wehen des Geistes, das Wirken Gottes? Es ist das Fragen der Gott Suchenden. Andere deuten Veränderungen und Umbrüche als reinen Glaubensverlust der Mitbürgerinnen und Mitbürger.
Im Evangelium hörten wir, dass Jesus den Beistand senden wird, den Geist der Wahrheit. Der Geist der Wahrheit nimmt die Wirklichkeit ernst. Er baut nicht auf Luftschlösser, verführerische Utopien oder Phantastereien. Auf diesem Hintergrund möchte ich auf Veränderungen hinweisen, die uns im Weiteren in der Pfarre und vor allem in der Pastoral beschäftigen werden.
Es hat sich in der Diözese die personelle Situation verändert. Im Moment haben wir insgesamt 88 Vorarlberger Priester, 22 davon sind unter sechzig Jahren. Diese Zahl unter sechzig wird ergänzt von knapp 20 weiteren Priestern aus anderen Diözesen: Indien, Rumänien, Polen, Deutschland u.a. Der Nachwuchs an Priestern tendiert gegen null. Wir können nur erahnen, was das in zehn Jahren bedeuten wird. Das Herholen von Priestern aus anderen Diözesen ist auf Dauer keine tragfähige Lösung, so sehr wir im Moment für ihre Dienste dankbar sind.
Es ist im Moment auch so, dass es nur wenige Theologinnen und Theologen gibt, die in der Zukunft pastorale Aufgaben in den Pfarren, im Religionsunterricht oder anderen pastoralen Bereichen übernehmen werden können. Wir haben davon auszugehen, dass es in Zukunft wenig theologisch ausgebildetes Personal geben wird.
Univ. Prof. Roman Siebenrock, Dogmatiker in Innsbruck hat in einem Referat erklärt, dass die Kirche in Mitteleuropa in eine ganz neue Situation komme. Seit der Konstantinischen Wende – Konstantin hat im 4. Jht. das Christentum erlaubt, in der Folge wurde sie Staatsreligion – hat die Gesellschaft der Kirche ihre Mitglieder zugespielt, also 1600 Jahre. Wir kommen nun in eine Phase, in der sich die Kirche selber um die Mitglieder kümmern wird müssen. Im herkömmlichen Sinn würde es Missionieren heißen. Die letzten päpstlichen Schreiben legen einen anderen Begriff nahe: Inkulturation. Das Christsein leben im bestehenden Umfeld, in der Vielgestaltigkeit der Gesellschaft, im Dialog mit Religionen, Strömungen, Erfordernissen und Herausforderungen. Was näher damit gemeint ist, werde ich ein anderes Mal intensiver ausführen.
Es ist ein Sturm, den die Kirche erlebt. Er bläst uns noch von anderer Seite entgegen. Der offen gelegte Missbrauch, die ungelösten Dauerthemen, wie: der Umgang mit den Frauen, die Ämterfrage, das überholte, absolutistische System u.a. nagen an der Glaubwürdigkeit.
Nochmals: Wir feiern Pfingsten. Wir feiern den Geist, der der Kirche Leben einhaucht. Ostern besagt: Im Tod ist das Leben. Es stirbt etwas und neues Leben wird möglich.
Es wird eine bestimmte Gestalt von Kirche sterben. Es wird sie aber weiter geben: Menschen, die zum Herrn gehören. Menschen, die sich vom Herrn rufen lassen. Ich sehe auch ganz ermutigende Zeichen: Es ist z.B. beeindruckend wie die Eltern der Kommunionkinder ihre Kinder auf das Sakrament vorbereiten: mit Engagement, Liebe und Begeisterung. Wir dürfen uns darüber freuen.
Im kommenden Jahr werden wir die Firmlinge mit 17+ vorbereiten. Wenn es in ähnlicher Weise gelingt, Eltern und andere einzubinden, darf uns das als Pfarre mit Hoffnung erfüllen.
Der Geist weht, wo er will. Wir dürfen sein Wehen in Bewegungen wie „Fridays for future“; im Engagement vieler, die gegen die Folgen der Pandemie in unterschiedlicher Weise angehen; in vielen NGO’s; in der Seenotrettung, in allen Initiativen, die in den unterschiedlichsten Bereichen Nöte abarbeiten erkennen. Der Geist Gottes weht, wo er will. Vergessen wir nicht, dass uns durch das Wort Gottes sein Geist eingehaucht wird. Das Wort Gottes ist eine Quelle, die jedem einzelnen und der Kirche insgesamt neues Leben einzuhauchen vermag. Zudem wird es Menschen brauchen, die sich für unterschiedliche Aufgaben in Gemeinden, Caritas, Alters- u. Krankenhäuser, bis hin politisch-gesellschaftlichen Aufgaben ausbilden lassen, die inspiriert vom Geist und Wort Gottes Dialoge auf Augenhöhe führen können.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus der Apostelgeschichte anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Brief des Apostel Paulus an die Gemeinde in Galátien anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Johannes anhören möchten: