Zu einer neuen Schöpfung 1. Lesung: Zef 2,3; 3,12-13| 2. Lesung: 1 Kor 1,26-31| Evangelium: Mt 5,1-12a
Soeben haben wir die Bergpredigt gehört. Sie ist die erste von fünf Reden Jesu bei Matthäus. Es ist eine Rede, die die Menschen aus dem Innern kommend berühren und verändern will. Ich versuche diesen Zugang zu erschließen:
Der Evangelist Matthäus zeichnet das Bild von Jesus, der auf dem Berg zu den vielen spricht. Damit erinnert er an Moses, der auf den Berg Sinai Gott begegnet. Mose sah Gott von Angesicht zu Angesicht – eingehüllt in die „Wolke“. Die Wolke als Bild für eine Erfahrung: Man spürt die Gegenwart, kann sie aber weder greifen noch fassen. Ähnlich ist es mit Gott: Er ist da, ohne dass wir ihn berühren oder fassen könnten.
Diese Erfahrung ist jedem Tora-Lesenden oder -Hörenden vertraut. Wenn Jesus auf dem Berg zu sprechen beginnt, wird Tora-Vertrauten klar: Gottes Gegenwart ist angesagt. Nicht nur für ihn – Jesus –, sondern für alle Anwesenden, auch die jetzt Lesenden oder Hörenden. Jesus eröffnet die Rede in einer Form, wie wir es sonst nie in der Schrift haben. Da heißt es: Jesus öffnete seinen Mund, er lehrte, er sprach. Jesus öffnet den Mund: Jesus hat öffnende Worte. Er öffnet sich und er eröffnet den Hörenden Außergewöhnliches, schwer Beschreibbares. Jesus lehrte: Er lehrt die Thora. Es ist eine Lehre, aber es ist mehr als eine Lehre – für mich ausgedrückt durch diese beiden begleitenden Begriffe, eben: den „Mund öffnen“ und „Sprechen“. Es ist eine Lehre, die man nicht einfach lernen kann, sondern – wie sich zeigen wird – verbunden ist mit Erfahrung, mit sich berühren lassen, mit miterleben und leben. Und schließlich: Jesus sagte. Es ist das schöpferische Sprechen des Anfangs; ein Sprechen, das die Schöpfung und die in ihre liegende Ordnung hervorbrachte. Mit anderen Worten: Die Rede eröffnet den Zugang zu einer neuen Schöpfung. Jesu Wort wandelt und verwandelt die Menschen im Innern, von ihrer Lebensmitte her. Und: Die Tora wird lebendig. Sie kommt ins Tun.
Es folgen dann die Seligpreisungen. Es sind neun Preisungen: drei mal drei. Es ist die Zahl der Vollendung und der Fruchtfülle. In den neun Seligpreisungen sind die gesamte Tora, die fünf Bücher Mose in ihrer Fülle zusammengefasst. Das Ziel dieser neun Preisungen: Die Menschen aus all ihren Mängeln zu befreien. Es geht um eine neue Sichtweise auf das Leben.
Im Weiteren der Bergpredigt werden dann einzelne Themen vertieft. Vielleicht können wir das ganze Evangelium des Matthäus als Weiterführung und Konkretisierung der Seligpreisungen verstehen.
Besondere Aufmerksamkeit verdient das Wort: „selig“. Andere Übersetzungen sprechen von: „Glückselig“ (Ebenfelder), „Freuen dürfen sich“ (Gute Nachricht) oder „Wahres Glück“ (Das Buch). Mit selig ist ein besonderer, innerer Zustand angesprochen, den man gerade nicht „machen“ kann. Es ist ein Zustand einer tiefen, inneren, geschenkten Freude – Glück, Zufriedenheit und aufsteigende Dankbarkeit schwingen mit. Seligsein wird jenen zugesagt, die arm vor Gott sind, die keine Gewalt anwenden, die Frieden stiften, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit … – oder was jede Logik sprengt –, sogar jenen, die verfolgt werden.
Im Hören und Annehmen der Zusagen der Seligpreisungen kommt von Gott her einem Menschen Gutes zu. Es werden Kräfte der Resilienz frei. Die Seligpreisungen haben kein: „du sollst“ oder „du musst“ das und das tun oder etwas ist dir verboten. Vielmehr sind es Einladungen zu Haltungen, die dazu führen, dass ein Mensch zur Beschenkten oder zum Beschenkten wird, dass ein Mensch – die Welt und die Verhältnisse – verändernd wirkt.
Zwei Seligpreisungen möchte ich zum Schluss erläutern:
Selig, die arm sind vor Gott, ihnen gehört das Himmelreich. Arm sein vor Gott – ich darf mit leeren Händen vor Gott sein. Ich muss ihm nichts beweisen, muss mich vor ihm nicht großmachen. Arm sein vor Gott: Ich traue es Gott zu, dass er mir das gibt, was ich brauche, dass er für mich sorgen wird, selbst dann, wenn ich ohnmächtig, schwach oder hinfällig bin. Er vermag meine Hände zu füllen.
Selig, die Frieden stiften, sie werden Kinder Gottes genannt. Frieden stiften ist eine ganz andere Wirklichkeit als nur nicht streiten oder Konflikten aus dem Weg gehen. Frieden stiften ist Arbeit. Es ist das Suchen nach Wegen, dass Menschen zueinander finden oder wieder Wege miteinander gehen können. Frieden stiften meidet das Spalten, meidet Verletzungen, meidet Eigeninteressen Vorrang zu geben. Menschen, die Frieden stiften, sind Kinder Gottes. Sie ahnen Gott. Sie sind Gott nahe und Gott kommt ihnen nahe.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Zefánaj anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem ersten Brief des Apostel Paulus an die Gemeine in Korínth anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus anhören möchten:
2 Kommentare zu “Zu einer neuen Schöpfung 1. Lesung: Zef 2,3; 3,12-13| 2. Lesung: 1 Kor 1,26-31| Evangelium: Mt 5,1-12a”
Danke, lieber Erich. Hat mich sehr angesprochen, wie du hier das Evangelium ausgelegt hast.
In englischen Bibelausgaben wird das Wort „selig“ oft mit „blessed“ (gesegnet) übersetzt.
Mich spricht diese Variante auch sehr an, weil dies ein Versprechen von Gottes Seite ist und weniger von meiner Befindlichkeit abhängt oder von paradoxen Gefühlen wie traurig/glücklich. Zudem ist der „Segen“ in welcher Form auch immer für mich für die Gegenwart zugesagt und nicht erst bei den „Seligen“ dereinst.
Somit mein Gebet: Segen und Freude in Fülle uns allen, die diesen Verheißungen trauen wollen!