Achtung und Respekt vor jedem Menschen 1. Lesung: Jes 60,1-6|2. Lesung: Eph 3,2-3a.5-6|Evangelium: Mt 2,1-12
Sterndeuter aus dem Osten kommen zu König Herodes mit der Frage: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihn zu huldigen. Dann heißt es, dass Herodes und mit ihm ganz Jerusalem erschrak.
Das Erschrecken des Herodes ist verstehbar. Er litt unter Verfolgungswahn. Dieser war so immens, dass er sogar die liebsten Menschen seiner Familie umbringen ließ: die Lieblingsfrau Marianne, einen Sohn und einen Bruder. Es genügte ihm ein hinterbrachtes Gerücht und sein Misstrauen steigerte sich ins Unermessliche.
Das Wissen um das Misstrauen des Herodes und seinen Wahn ließ auch das Volk erschrecken. Niemand in seiner Umgebung konnte sich des Lebens sicher sein. Es gibt allerdings noch einen weiteren Grund, weshalb das Volk bei der Ankündigung eines neuen Königs erschrickt.
Schon oft hat Jerusalem den Einzug eines neuen Königs erlebt: Könige aus Ägypten oder eben aus dem Osten. Es war verbunden mit Plünderungen, Zerstörungen, Raub von Hab und Gut, auch der Raub von Menschen, die dann als Sklavinnen und Sklaven zu arbeiten hatten. Ein neuer König – und mag es ein neugeborener König der Juden sein – lässt Konflikte, vielleicht sogar Bürgerkrieg oder Krieg erwarten.
Wir leben in einer Gesellschaft, in der Staat und Religion getrennt sind. Damals war dem nicht so, sondern der König nahm Einfluss auf die Religion, bzw. benutzte im Regelfall die Religion zur Stütze der Macht. Wir kennen diese Einflussnahme auch aus der europäischen bzw. österreichischen Geschichte. Die Habsburger bestimmten, dass Österreich wieder katholisch wurde. Die Menschen hatten sich meist dem Fürsten oder König in Religionsfragen zu beugen. Wenn nicht, kam es zu Vertreibungen oder es konnte sogar den Tod nach sich ziehen.
Der biblische Mensch hat noch ein anderes Beispiel vor Augen, das einst das Volk in Schrecken versetzte. Es ereignete sich zur Zeit des Propheten Elija. König Ahab nahm sich die Sidoniterin Isebel zur Frau (1 Kön 16,29-34). Sie stammte aus dem Gebiet des heutigen Libanon. Sie war Königin und führte den Baalskult ein. Baal war der Gott der Fruchtbarkeit. Ihm zu Ehren wurden im ganzen Land Tempel und Heiligtümer gebaut. Sie holte sich gleichzeitig eine Unzahl von Baalspriestern ins Land. Sie opferten dem Baal. Es war aber zugleich ihre Aufgabe, das Volk in den Baalskult einzuführen, oder um es verständlicher zu sagen: Das Volk umzuerziehen. Es ist der Prophet Elija, der sich dieser Vereinnahmung der Religion durch die Macht entgegen setzt (1 Kön 18).
Es kommt immer wieder vor, dass Mächtige die Religion mitbestimmen wollen. In neuerer Zeit waren es die Systeme des Kommunismus, die Christen und Andersdenkende im Würgegriff ihrer Ideologie hielten. Wir wissen heute um die Führung in China, die die Religionen mit restriktiven Mitteln kontrollieren oder – noch treffender – unterdrücken.
Dieses Thema trifft auch auf den „politischen Islam“ zu. Er lässt heute Menschen erschrecken. Er missbraucht Religion für politische Zwecke und Ziele. Nicht zuletzt sind es Imame, die eigens ausgebildet werden und die die Ideologie in andere Länder tragen, um neue Anhänger zu rekrutieren.
Es gibt bei uns viele, die lautstark gegen den politischen Islam auftreten. Gerne verwenden sie als Argument, es würde nicht in die Kultur des christlichen Abendlandes passen. Es ist Vorsicht geboten. Es gibt unter diesen lautstarken Mahnern einige, die mit dem Kind in der Krippe nichts gemein haben, denen jeder Glaube suspekt ist, die von christlich reden mögen, aber keineswegs in der Nachfolge Jesu Christi stehen.
Das Fest Erscheinung des Herrn mit dem heutigen Evangelium wirft auf dieses Thema ein besonderes Licht. Sterndeuter aus dem Osten suchen das Kind und sie wollen es anbeten. Es sind keine Juden und dennoch zählen sie zu den ersten, die das Kind finden und anbeten. Sie gehören einer anderen religiösen Überzeugung an und doch wird ihr Glaube von der Bibel geachtet, wertgeschätzt.
Ich erachte es für uns Christen als wichtigen Zugang zu den jüngeren Schwestern und Brüdern unseres Glaubens, den Muslimen. Juden sind unsere älteren Schwestern und Brüder im Glauben. Ein wirksames Mittel gegen den politischen Islam ist die Achtung des Glaubens jener Muslime, die ihn in Aufrichtigkeit, Menschlichkeit und Achtung unter uns leben.
Auf Dauer werden wir weniger vor Menschen Angst haben müssen, denen Gott Korrektiv ist, sondern der eigene Maßstab.
Es ist zugleich eine wichtige prophetische Aufgabe für Menschen, die in den Religionen Verantwortung tragen, dass sie wie Elija jenen Tendenzen wehren, in denen die Religionen für die Zwecke der Macht missbraucht werden. Von den Sterndeutern heißt es, dass sie nicht mehr zu Herodes, sondern auf einem anderen Weg nach Hause zurückkehrten.
Das Kind in der Krippe verbindet Menschen über religiöse Grenzen hinweg. Es lädt zur Liebe ein, nicht zur Feindschaft. Es weckt Achtung und Respekt vor jedem Menschen.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Jesája anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem Brief des Apostel Paulus an die Gemeinde in Ephesus anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus anhören möchten: