Den Himmel offen sehen 1. Lesung: Jes 42,5a.1-4.6-7|2. Lesung: Apg 10,34-38|Evangelium: Mk 1,7-11
Das öffentliche Auftreten Jesu als erwachsener Mann beginnt mit einem eindrucksvollen Zeichen: Es reißt der Himmel auf. Eine Taube wird sichtbar und für Jesus eine Stimme hörbar. Woher kommt dieses Bild? Worauf verweist der Evangelist Markus?
„Taube“ heißt auf hebräisch „Jona“. Wir werden damit auf den Propheten Jona und seine Geschichte verwiesen.
Jona ist jener biblische Prophet, der mit der Botschaft Gottes nicht zu den Israeliten gesandt wird, also nicht zu jenen, die bereits mit der Thora vertraut sind, sondern er ist berufen in die große Stadt Ninive zu gehen. Es sind Fremde, Andersgläubige, Todfeinde. Jona wehrt sich anfänglich gegen diesen Ruf und flieht sogar in die andere Richtung.
Erst nach dem erneuten Ruf verkündet Jona dort den Willen Gottes und erlebt, dass das Wort Gottes wirkt und angenommen wird. Nach seinem Auftritt kehren die Bewohner um und beginnen ein rechtschaffenes Leben. Die Fremden erfüllen Gottes Willen. Es ist für Jona ein langer Weg bis er begreift, dass der Himmel für alle offen ist, auch für die Fremden und eben Andersgläubigen. Gutes geschieht nicht nur bei jenen, denen Gottes Weisung geschenkt ist. Unter allen Völkern gibt es Menschen, die den Willen Gottes suchen und leben.
Mit dem Bild der Taube bei der Taufe wird die Erfahrung des Jona wie eine Überschrift über das öffentliche Wirken Jesu gestellt. Die Geisttaube, die davon erzählt, dass der Himmel für alle offen ist, wird zum Programm Jesu. Es bestimmt sein Wirken und seine Sendung.
Er hat das Gute bei Zöllnern und Sündern gesehen. Er hat in Kafarnaum den großen Glauben beim heidnischen Hauptmann hervorgehoben. Er hat seine Jüngerinnen und Jünger mehrmals darauf verwiesen, dass der Himmel Menschen über jene Grenzen hinweg offen steht. Damit wird wahr, was der Prophet Simeon prophetisch über Jesus sagt, als dieser – acht Tage alt – von den Eltern in den Tempel gebracht wird: „Er ist ein Licht, das die Heiden erleuchtet“.
Der offene Himmel begegnet uns an einer weiteren Stelle: Die Apostelgeschichte erzählt, dass Petrus in einer Vision ebenso den offenen Himmel sieht. Nach dieser Einsicht verliert er seine Vorbehalte Andersgläubigen bzw. Heiden gegenüber und er kann freimütig verkünden: „Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist“ (Apg 10,34-35). Im Anschluss beschließt Petrus die Taufe des ersten Heiden, sein Name: Kornelius.
Es gibt im Glaubensbekenntnis einen Begriff, der dieses Verständnis aufgreift. Es ist das Wort: Katholisch – allumfassend. Wenn wir uns „katholische Kirche“ nennen, dann bekennen wir uns dazu, dass uns alle Menschen etwas angehen, dass Gott einen Heilsplan für alle hat und dass er sich durch jeden Menschen offenbaren kann.
Jona, Jesus und Petrus lehren uns, dass wir Ausschau halten nach dem Guten, das überall geschieht. Sie laden uns ein, das Wirken Gottes dort zu suchen und zu entdecken, wo wir es vielleicht gar nicht vermuten. Sie laden uns ein, den Glauben über unseren kirchlichen Tellerrand hinaus zu suchen und zu benennen.
„Nicht wer Herr, Herr sagt, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut, ist mir Bruder und Schwester“, lässt Jesus die Jünger wissen. Keine Religion hat Gott als alleinigen Besitz.
Jona wollte ursprünglich nicht nach Ninive zu den Fremden und Andersgläubigen gehen. Er hatte es ihnen nicht zugetraut, dass sie auf Gott hören und den Willen Gottes suchen. Das Getauft-Sein mit dem Bild des Geistes, der in Gestalt einer Taube herabkommt, trägt uns auf, sich nicht dem Fremden und Andersgläubigen zu verweigern, sondern den Dialog zu suchen und ihnen zuzutrauen, dass sie Gottes Wille suchen, d.h. sich und anderen gut sind und Gutes tun wollen.
Wir feiern heute die Taufe Jesu. Über ihm und bei ihm öffnet sich der Himmel. Ich kann nur wünschen, dass Menschen ihn so erfahren und dieser Zusage des offenen Himmels trauen, trotz aller Erfahrungen, die sie mit ihrem Christsein bisher hatten.
Es ist ein wichtiger Aspekt der Verkündigung, den Menschen den für sie offenen Himmel zu erschließen.
Vielleicht helfen diese Gedanken, auch das Getauft-Sein besser zu verstehen: Es ist ein besonderer Geist, der uns mitgegeben ist und der das Zusammenleben prägt. Der offene Himmel beschreibt eine große Hoffnung und umschreibt ein Bild des Beschenkt Werdens von Gott. Stephanus, der erste Märtyrer, hatte ihn beim Sterben vor Augen. Menschen, die im Geist Jesu leben, werden den offenen Himmel immer wieder erfahren. Wir sind auf den dreifaltigen Gott getauft, nicht auf die Kirche. Sie hat die wichtige Aufgabe, den zu künden, der uns den Himmel offenhält.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Jesája anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus der Apostelgeschichte anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Markus anhören möchten:
3 Kommentare zu “Den Himmel offen sehen 1. Lesung: Jes 42,5a.1-4.6-7|2. Lesung: Apg 10,34-38|Evangelium: Mk 1,7-11”
Darf ich zu de vielen hilfreichen Aspekten noch einen hinzufügen:
Das Bewusstsein einer “Erwählung” wirft die Frage auf: WARUM, WOZU? Eine zu wenig beachtete Antwort gibt Paulus in Eph. 4:13, wo er schreibt: “…… dait wir vollkommene Menschen werden und Christus in seiner vollendeten Gestalt darstellen.”
Das heißt wohl kaum, dass Gott sich einen “Hofstaat” zulegt, den er zum “Lob seiner Gnade” braucht und der ansonsten wie ein irdischer strukturiert ist mit unterschiedlich erteilten Vollmachten und Privilegien plus Elitebewusstsein bei besonders Einsatzfreudigen. (“Hofdamen” nur mit Einschränkung erwünscht!)
Heisst Christus darstellen nicht vielmehr, sein Leben, Sterben, Auferstehen so abbilden, dass die Welt ihn auch heute nach 2000 Jahren noch “hautnah” erleben kann und erfährt, wie sehr Gott alle seine Geschöpfe liebt.
Jesu Menschwerdung zielte nicht darauf ab, die Einstellung des Vaters zu den Menschen zu ändern/verbessern, sondern doch vielmehr, die falsche Einstellung der Menschen zu Gott unter Einsatz seines Lebens zu berichtigen.
Erwählung würde dann dazu führen:
– eine “wandelnde Bibel” zu sein mit der großen Berufung, die Familie des Vaters zu vergrößern und
– wohlwollende ohne Ausgrenzung allen Menschen guten Willens schon jetzt einen “Blick in den Himmel” zu ermöglichen.
–
Danke für die Gedanken zum “offenen Himmel”.
Doch ein Satz hat mich irritiert:
“Keine Religion hat Gott als alleinigen Besitz” ?
Eine Religion kann niemals “Gott als Besitz” haben. Was sie besitzen kann, sind Gottesvorstellungen, Gottesbilder. Und diese Vorstellungen können den “offenen Himmel” dauerhaft vernebeln, wenn sie nicht immer wieder hinterfragt werden.
Gustl Elsensohn
Der Anmerkung zum Satz: “Keine Religion hat Gott als alleinigen Besitz”, hat wirklich seine Berechtigung. Niemand hat Gott als Besitz. Manche Menschen meinen allerdings, in Bezug auf Gott würden sie die alleinige Deutungshoheit besitzen. Auch das ist abzulehnen. Erich Baldauf