Samen säen 1. Lesung: Ez 17, 22-24|2. Lesung: 2 Kor 5,6-10|Evangelium: Mk 4,26-34
Dem Erzählen von den Reich Gottes Gleichnissen geht voraus, dass Jesus mit seiner Verkündigung auf heftigen Widerstand stößt. Die Pharisäer mit den Anhängern des Herodes fassen den Beschluss: Jesus umzubringen (Mk 3,6). Die Verwandten kommen und sagen: Er – Jesus – ist von Sinnen (Mk 3,21). Die Schriftgelehrten werfen ihm vor: Er ist vom Beelzebul besessen (Mk 3,22).
Wir können davon ausgehen, dass bei den Jüngerinnen und Jüngern die Frage aufkommt: Geht das gut? Hat die Botschaft und das Wirken Jesu eine Chance? Wir dürfen die Frage erweitern: Was hat mehr Kraft: Das Gute oder das Böse? Vielleicht der Hinweis: Unter Reich Gottes dürfen wir jene Welt verstehen, in der Gott Herr ist, in der Gott das Sagen hat. Diese Welt ist mitten unter uns.
Jesus erzählt dazu diese Gleichnisse vom Reich Gottes, beziehungsweise wie wir Gottes Wirken verstehen dürfen. Wir entdecken darin den Glauben Jesu. Samen säen ist die Möglichkeit und Aufgabe des Sämanns. Vielmehr kann er nicht tun. Für das Wachsen sorgt ein ANDERER. Für den Sämann heißt es, Geduld zu haben, zu warten, zuzuwarten, wachsen zu lassen. Es wäre hinderlich, wenn er jeden Morgen hingehen und jeweils die Pflanzen hochziehen wollte.
Samen säen: jedes gute Wort, jede Geste der Wertschätzung und Aufmerksamkeit, jede Hilfsbereitschaft, jedes geduldige Zuhören und Verstehen wollen, jedes Mitfühlen oder Teilen, … ist ein gesäter Same. Oft wird es nichts Besonderes auslösen, vielleicht nicht einmal ein danke und doch trägt es dazu bei, dass Gottes Reich wächst. Der Sämann weiß nicht wie, so heißt es. Der Same verschwindet sogar eine Zeit lang bis er keimt. Da sehen wir nichts von ihm. Auch zeigt sich die Frucht nicht am nächsten Tag, sondern es geht Schritt für Schritt in verschiedenen Stufen bis das Korn zur Ernte ausgereift ist.
Jesus lehrt die Jüngerinnen und Jünger, Vertrauen in das Wachsen des Guten zu haben. Er darf sich hinlegen und schlafen. Auch in dieser Zeit wächst es. Man darf hier festhalten: Hetze, Stress oder Getrieben sein lassen sich nicht unbedingt mit den Merkmalen vom Reich Gottes in Verbindung bringen.
Ein Bildwort verstärkt den Gedanken: der Samen keimt und wächst bei Nacht und bei Tag. Mit Tag und Nacht ist mehr als nur der der tägliche Rhythmus angesprochen. Nacht steht in der Bibel in Verbindung mit dunklen Erfahrungen: Widerstand, Feindschaft, Gewalt, Gefängnis, Verrat, Drohung, Angst, Hunger und Durst… Vertraue darauf, dass dein gutes Wort, dein Tun in Liebe gerade auch in der Nacht wächst und Früchte heranreifen; in Zeiten, in denen nach außen Nichts sichtbar ist.
Es ist möglich, dass Jesus mit diesem Gleichnis auch sein eigenes Wirken gedeutet hat. Er ist wahrlich nur ein Samenkorn im Zeitgeschehen der Welt. Er hat ein Jahr, vielleicht zwei aber maximal drei Jahre gewirkt. Was ist das angesichts der ganzen Menschheitsgeschichte oder gar Weltgeschichte. Und doch hat er viel bewirkt und bewirkt noch viel. Es wachsen nach wie vor Früchte für die Zeit der Ernte. Ernte, die Freude und Dank auslöst.
Wir dürfen ebenso davon ausgehen, dass die junge Kirche in großer Bedrängnis stand, als Markus sein Evangelium schrieb. Viele Getaufte erlitten das Martyrium und stellten sich die Fragen: Haben wir Zukunft? Erreichen wir etwas mit unserer Botschaft? Sollen wir weitermachen oder nicht? Es ist die Botschaft: der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie. Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre. Es ist nicht immer Zeit der Ernte, sondern es kann Zeiten geben, da steht das Säen im Vordergrund. Mag sein, dass wir gegenwärtig als Kirche eine solche Zeit erleben. Der Missbrauch und die Gewalt an Kindern und Jugendlichen, der Klerikalismus, Moralin und anderes haben der Glaubwürdigkeit geschadet. Zugleich dürfen und müssen wir sagen, die Opfer erfahren endlich, dass das an ihnen geschehene Unrecht anerkannt wird.
Wohlgemerkt: Es ist ein Anfang zu mehr Recht und Gerechtigkeit und Würde der Menschen. Unsere Justizministerin Alma Zadic hat sich in dieser Woche bei den LGBT*-Betroffenen für die strafrechtliche Verfolgung entschuldigt, auch für das bisherige Schweigen dazu. Ich hoffe sehr, dass betroffene Menschen auch von der Kirche – von Gläubigen – Ähnliches hören können. Nicht weniger dringlich wäre die Entschuldigung gegenüber den Frauen. Es ist eine Schande und ein tagtägliches Unrecht, sie als Menschen zweiter Klasse zu behandeln. Der bestehende männliche Klerikalismus ist alles andere als zukunftsträchtig.
Vielleicht erlebt jemand um sich viel Nacht, seien es persönliche Schwierigkeiten, sei es in der Folge der Pandemie, sei es auch als Kirche. Der Samen keimt und wächst und der Sämann weiß nicht, wie. Mögen die gesäten Samenkörner klein sein, das zweite Gleichnis besagt, dass daraus ein großer Baum wird, in dessen Zweigen sogar die Vögel nisten. Er wird zum Lebensraum für andere, vielleicht für solche, die den Anfang nicht einmal erahnen.
Wenn Sie den Text der 1. Lesung aus dem Buch Ezéchiel anhören möchten:
Wenn Sie den Text der 2. Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth anhören möchten:
Wenn Sie den Text aus dem heiligen Evangelium nach Markus anhören möchten:
3 Kommentare zu “Samen säen 1. Lesung: Ez 17, 22-24|2. Lesung: 2 Kor 5,6-10|Evangelium: Mk 4,26-34”
Vielen herzlichen Dank für die Schrifterklärung, die unter die Haut geht und mir den Blick weitet!
Danke!
Säen mit einem guten Wort, einer guten Geste und vor allem im Zuhören, – nichts leichter als das – oder ? Wem macht diese Art des Säens nicht Freude? Es ist so einfach, wir müssen es nur tun …
Danke für diesen Saathinweis lieber Erich.
All diese positiven Gedanken könnte man ermutigend und tröstlich zusammenfassen:
„Alle Liebe, die gesät wird, geht einmal auf.“
Leider schieben sich da in meine Wahrnehmung auch ganz andere Bilder vom Säen, an dem sich jeder von uns mehr oder weniger bewusst oder unüberlegt beteiligt: Stichwort „Umweltverschmutzung“. Da gäbe es gerade auch für uns Christen ein weites Feld, der Vermüllung und Zerstörung unserer Erde entgegenzuwirken. Man muss nicht beim Weltraumschrott beginnen, sondern beim Plastik- und Elektronikschrott im eigenen Haushalt.
Wie traurig und menschenverachtend die Bilder von Kindern, die auf von uns produzierten/“gesäten“ Müllhalden ums Überleben ringen!